War es Bezness, oder.....

Austausch über gemachte Bezness-Erfahrungen in diesem Land

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Conny
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War es Bezness, oder.....

Beitrag von Conny » 23.01.2009, 01:21

Ihr Lieben,
ich schleppe, seitdem ich diese Page kenne, etwas mit mir herum, bei dessen Er(kläung)/Aufklärung ihr mir vielleicht helfen könnt.
Ich versuche, es kurz zu machen....
1997: Erster Tunesien-Urlaub von 5 Frauen, die 1x im Jahr eine Woche ausspannen.
Strand, Sonne, die Beach-Boys, die da arbeiten.
Hervorgetan hat sich F., der durch seinen Humor täglich den ganzen Strandabschnitt zum lachen gebracht hat.
Letzter Urlaubstag - Hafen von Port el Kantaoui: Wir laden die Strandjungs zu einem Getränk ein und plaudern.
1998: Urlaub in Mahdia.
1999: Port el Kantaoui. F. arbeitet immer noch am Strand. Wir erfahren, dass F. mittlerweile eine Einheimische geheiratet hat und das erste Kind unterwegs ist. Irgendwann werden wir zum Essen eingeladen. Was die Braut nicht wusste, es kommen 5 weibliche Touristinnen.
Seine Frau S. trug die Überraschung mit Fassung. Der Abend war wunderschön. Wir fragten, was die Beiden denn für das Baby schon angeschafft haben. Darauf hin brachte S. ein einziges Baby-Shirt, um es uns zu päsentieren.
Wir saßen - zurück im Hotel - auf dem Balkon - und waren ernüchtert. 3 Monate vor der Geburt ihres Kindes hatten die Beiden 1 T-Shirt!!!
Nach ca. 10 Wodca-Cola und stundenlangen Diskussionen entschlossen wir uns, vorzuschlagen, eine Patenschaft für das Kind zu übernehmen.
Die Beiden konnten nicht viel mit dem Begriff Patenschaft anfangen. S. sprach nur etwas englisch und französisch und der "Patenvater" F. konnte mit der Idee nicht wirlich etwas anfangen.
Zurück in Deutschland, fingen 5 Frauen an, die Geburt des Kindes vorzubereiten. Telefonate nach TN, wie die Schwangerschaft verläuft usw. folgten.
Wir 5 hatten einen großen Freundeskreis. Auf jeder Feier drückte uns jemand Geld in die Hand und sagte: "Das ist für euer Patenkind"! Wir legten ein Konto an, von dem die Eltern nichts wussten.
Kurz vor der Geburt schickten wir für unglaublich viel DM Pakete mit der Erstausstattung für ein Baby nach TN.
Die Beiden riefen fast wöchentlich an, freuten sich und bedankten sich - aber nie kam eine Frage nach Geld.
Kurz vor der Geburt wurde die Mutter (S.) von einem Skorpion gebissen, Panik in Deutschland, aber es ging alles gut.
Am 3.1.2000 wurde unser 1.Patenkind A. geboren. Ich glaube, das Kind war noch nicht ganz trockengelegt, da rief der Vater an.
Im Sept. 2000 - gleandet in Monastir - standen die Eltern und ein winziges Kind, gekleidet in die von uns geschickten Sachen, am Flughafen, um uns willkommen zu heißen. Allerdings hatte der kleine Herzensbrecher nur Augen für das mitgebrachte Bobbycar.... :o
Alles war gut. 5 stolze Patentanten in Tunesien. Wir sahen den kleinen A. jeden Tag. Wir hatten zu Urlaubsantritt 50 kg Übergepäck, dass glücklciherweise durch meinen Job am Flughafen als "Sportgepäck" gewertt wurde.
1 Jahr später wurde unser 2. Patenkind geboren. Wir durften den Namen aussuchen "Said - der Glückliche!"
Den Kindern fehlte es an nichts, bis auf die Milch, die sie kaufen mussten, hatten sie alles von uns. Unsere Urlaube verliefen "kinderschleppenderweise" es war einfach schön, etwas zurück zu bekommen. Und wenn es eine volle Windel war. :lol:
So lief es, bis es in der Beziehung zu kriseln anfing. Wir haben nächtelang Krisengespräche mit beiden Eltern geführt.
Letztendlich trennten sich die Beiden. Die Mutter der Kinder zog mit beiden Kindern in die Wüste zu ihren Eltern. Auch während dieser Zeit blieb der Kontakt zu beiden Elternteilen.
Dann bekamen wir einen Brief der Mutter der Kinder: Nach der Übersetzung aus dem arabischen belief er sich auf folgendes:
Allah hätte nun einmal festgelegt,dass sie arm ist und sie sich jeden Tag schämt, nicht das ihren Kindern geben zu können, was wir tun. Es wäre ihr Schicksal, deshalb wäre es Sünde, weiter von uns Kleidung und Geld anzunehmen.
Wir waren traurig und schrieben, nachdem wir uns hier mit in Deutschland lebenden TN-Familien besprochen haben, einen Brief.
Wir sagten ihr, dass es ja vielleicht Allah war, der uns damals zusammengeführt hat und der wollte, dass diese Freundschaft - besonders der Kontakt zu den Kindern - gut wäre. Dass sie doch die Mutter ist, die am Bett ihrer Kinder sitzt, wenn sie krank sind, wenn sie weinen usw. Und dass es den Kindern gegenüber ungerecht wäre, ihnen dieses kleine bisschen Luxus zu ersparen.
Tja, sie begründete ihre Entscheidung mit ihrer Religion, was wir letztendlich akzeptierten.
1 bis 2 Jahre nach der Trennung organisierte der Vater F., dass wir die Kinder in unserem Urlaub sahen. Er fuhr hunderte Kilometer in die Wüste, um sie abzuholen, damit wir sie sehen.
Danach lief nichts mehr. No way.
Unsere Bekannten in Deutschland taten es damit ab, dass die Familie uns einfach ausgenommen hat.
Wir bzw. ich, sehe das auch heute nicht so.
Was ist eute Meinung zu diesem Thema?

Canim
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Beitrag von Canim » 23.01.2009, 07:52

Ich glaube nicht, dass diese Familie euch ausgenommen hat. Nach euren vielen Spenden seid ihr finanziell m. Meinung nach nicht wirklich geschädigt worden und habt einfach etwas Gutes getan. Wenn türkische Eltern sich trennen, ist es oft so, dass der Kontakt zu der anderen Familie fast völlig abbricht und viele sehen ihre Kinder (oder wollen) sie dann auch nicht mehr unbedingt sehen. Wenn die junge Frau jetzt wieder bei ihrer Familie in einem Wüstendorf lebt, dann hat sie als "geschiedene" Frau ohnehin schwer an ihrer Bürde zu schleppen und wird dort nicht gut angesehen sein. Vielleicht hat der Vater ein Machtwort gesprochen oder die Leute im Dorf waren einfach neidisch, weil sie so viele Sachen für ihre Kinder hat und die anderen nicht.
So wie du das schilderst, wurde ihr der Satz mit Allah etc.... eingetrichtert. Welche Mutter, egal woher, ist nicht froh, wenn es ihren Kindern gut geht? Ich denke, da steckt Druck von anderer Seite dahinter.

Seht die Zeit doch als eine schöne Erfahrung für euch an, die Kids waren sicher eine Zeitlang die kleinen Könige und hatten ihren Spaß und zumindest klamotten- und spielzeugtechnisch habt ihr ihnen einen schönen Start geboten.

Schade, dass man dann nichts mehr hört, man ist sicher auch enttäuscht, aber in Tunesien ticken die Uhren anders als hier. Dankbarkeit zu erwarten, wäre vielleicht auch zuviel des Guten, denn wenn jemand nichts hat und bekommt soviel von anderen, schämt er sich meist auch dafür.

Liebe Grüße
Canim
Gemeinsam sind wir stark!

Sevgilim
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Beitrag von Sevgilim » 23.01.2009, 09:45

Ich glaube auch nicht, daß die Familie euch ausgenommen hat. Wenn wirklich unlautere Absichten dahinter gesteckt hätten, warum dann die "Kuh nicht weiter melken"? Ihr hättet doch gerne weiterhin gegeben.
Es ist schwer die Denkweise anderer Menschen zu verstehen. Vielleicht war es auch Stolz oder der Druck der Familie. Wie auch immer, denk an die schönen Erfahrungen. Ist doch toll wenn es den wichtigsten Menschen, die es gibt zukommt :-).
Liebe ist die einzige Sklaverei, die als Vergnügen empfunden wird.
George Bernhard Shaw

Chemeli
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Beitrag von Chemeli » 25.01.2009, 10:33

Nein.
Das war mit Sicherheit kein Bezness.
Sonst wären immer mehr und immer längere Wunschlisten nach Deutschland geflattert.
Im Gegenteil.
Die Mutter scheint doch sehr bescheiden zu sein.

Schade, dass der Kontakt verloren gegangen ist, schade für die Kinder.

Ich an deiner Stelle, Conny, würde dafür sorgen, dass die Mutter immer eine Kontaktadresse von euch hat, falls doch einmal etwas sein sollte.
Das Glück ist ein Vogel, der einem ab und zu auf den Kopf scheißt.

Wolf

Beitrag von Wolf » 25.01.2009, 18:44

Chemeli hat geschrieben: Das war mit Sicherheit kein Bezness.
In Tunesien gibt es, und das betrifft Männer und Frauen gleichermaßen, eine stark ausgeprägten "Masochismus im Geiste", der durch das auch in diesem Thread gesagten "Allah hat es so entschieden" begründet ist.
Viele Tunesier fügen sich beinahe lustvoll in negative Umstände, auch wenn sie dann gleichzeitig für Monate und Jahre mit ihrem Schicksal hadern (was wiederum lustvolle Qual bietet). Meine geringe psychologische Ausbildung ist hier leider nicht eingehend genug, um das zu werten, aber es wäre vielleicht einmal interessant, von einr auallifizierten Person dazu einige Gedanken zu lesen.

hulla
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Beitrag von hulla » 25.01.2009, 18:48

bin kein psychologe

aber tendiert das nicht a wengerl auch in den "sado"masochismus?

ich tu mir selber weh, um geld zu bekommen von meiner "partnerin"?

ooohhh, un mein ganz famil schpielt mid?

mei, was miaßn des für schmerrrrzn sei - aua

Conny
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Beitrag von Conny » 25.01.2009, 23:24

Danke, ihr Lieben - für eure Beiträge -
auch wenn ich mit dem von Hulla nicht wirklich etwas anfangen konnte.
Hulla, vielleicht machst du dir bitte noch einmal die Mühe, mir deine Meinung zu erklären? Welches Geld von welcher "Partnerin"? Und: Welche "ganze Familie spielt mit"?
Zur kurzen Erläuterung: Die Mutti der Kinder hat sich seinerzeit die Mühe gemacht, uns einen 12-seitigen Brief (arabisch) zu schreiben, um ihre Befindlichkeit/Entscheidung zu erklären. Dass die Mutti vielleicht ein Typ Mensch ist, der - wodurch auch immer begründet - sich selber in ihrem Leid ergibt, mag ich nach den kurzen 4 Jahren, die ich sie kannte, nicht beurteilen können.

Tja, ich bin auch kein Psychologe, aber die Religion schien hier eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen. Die Reaktion war halt etwas, was ich bis dato nicht kannte und, wenn ich ehrlich bin, womit ich nie gerechnet habe. Jemand, der um seiner Herkunft und Religion Willen sagt, dass er diese Zuwendungen für seine Kinder nicht mehr annehmen kann...
Und dann die Reaktionen aus Deutschland. Irgendwann fängt man schon an, an den Dingen zu zweifeln, auch wenn man sie bis dato selber so nicht gesehen hat. Jetzt, wo ich das Forum kenne, war es für mich angebracht, einmal Eure Meinung zu hören.
Und die hat mir bis jetzt wirklich weiter geholfen. Es hat schon immer gearbeitet. Man denkt immer darüber nach, wie die 2 Kinder jetzt aussehen, wie sie sich entwickelt haben und wie es ihnen jetzt gehen mag. Wir 5 haben wirklich viel Herzblut in unsere Patenschaft investiert.

LG Conny

Wolf

Beitrag von Wolf » 26.01.2009, 06:56

Conny hat geschrieben:aber die Religion schien hier eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen
Man denkt immer darüber nach, wie die 2 Kinder jetzt aussehen, wie sie sich entwickelt haben und wie es ihnen jetzt gehen mag. Wir 5 haben wirklich viel Herzblut in unsere Patenschaft investiert.
Religion wird oft, speziell gegenüber Nicht-Mitgliedern der Religion als Aufhänger genommen. Und natürlich, wenn die Betreffende in einem, wie Du schreibst, "Wüstendorf" wohnt, da wird die Abschottung gegenüber Andersdenkenden durchaus noch groß geschrieben, jemand anderes schrieb ja schon einen Beitrag zu den wahrscheinlichen Gründen, die auch mit dem Durchbrechen dieser Abschottung zusammenhängen.

Eine geschiedenen Mutter mit Kindern hat ohnehin nicht die beste Stellung in Tunesien, ganz besonders nicht in einer kleinen, überschaubaren Dorfgemeinschaft, da muß sie sich schon ganz schnell unsichtbar einfügen. Ich denke, daß auch die Hochzeit damals schon nicht so ganz auf Wohlwollen gestoßen war, denn Sousse und besonders die Arbeit und das Wohnen in Touristengebieten, zählen für südliche Einwohner nicht gerade zu den erstrebenswertesten Dingen, was Moral und Anstand angeht.

Na, wenn Du die Adresse hast - einfach mal vorbeifahren und besuchen. :-)

Jezabel

Beitrag von Jezabel » 26.01.2009, 09:49

Ich möchte mir einen ketzerischen Einwurf erlauben.
Erstmal: Nein, klassiches Bezzness war es wohl nicht.
Aber die Geschichte mit dem einen T-Shirt als Grundausstattung kommt mir doch doch etwas zu dick aufgetragen vor. Irgendwie too much, in diesem Fall zu wenig. Da kommt ein (bzw. gleich fünf Damen als Germany) edler Spender doch gerade recht. Und Ihr wart wohl mehr als grosszügig! Da erübrigt sich doch erstmal die Frage nach "mehr".
Ein wenig Dramatik (Skorpion) , Krise und dann ein solch' langer Brief seitens der Frau, der mir irgendwie sauer aufstösst. Soviel Edelmut. Ich habe das Gefühl, er ist nicht auf ihrem Mist gewachsen. Der Vater fährt Euch zwecks Besuch in hunderte von Kilometern in die Wüste? Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte , die Beiden stecken in dieser Sache unter einer Decke.
Wissen die Eltern schon von dem von Euch angelegten Konto?

Meine Meinung: Ihr habt derart viele "Steilvorlagen" gegeben, dass die Beiden jetzt schon mal gerne eine Pause einlegen....weil sie annehmen, dass ihr Eure Patenkinder nicht einfach vergessen werdet.
"Dieses kleine bischen Luxus"...wenn die Eltern nur die Milch kaufen brauchten, nein, sorry, das ist schon mehr als ein kleines Bisschen!

Hier gab es schon einmal einen Beitrag ählichen Themas, wo es mit Entwicklungshilfe (Haus & Kindern) begann und der Kindesvater letztendlich eine Goldkette für sich gefordert hat.

Trotz Pause (die sie sich nach dem herzerschütternden Brief einfach auferlegen müssen!), könnt Ihr sicher sein: da wird sicher noch was nachkommen wenn Ihr es schafft, selber auch "hart" zu bleiben. (Kinder krank ,andere Katastrophen, leider keine andere Wahl, als Euch doch nochmal zu bitten..)
Hier gibt es genügend Kinder, die auch Hilfe brauchen.

Meine unmassgebliche Meinung. Aber da sind zuviele Dinge nicht koscher.

Conny
Beiträge: 59
Registriert: 21.11.2008, 18:34

Beitrag von Conny » 26.01.2009, 23:42

Ihr Lieben, erst einmal lieben Dank für Eure Beiträge.
Liebe Jezabel, dein "ketzerischer" Einwurf sei dir erlaubt :lol:
Tja, das mit dem T-Shirt hin oder her. Mehr war nicht im Schrank, im übrigen hatten die Beiden jungen Leute auch nicht viel mehr da liegen. Allgemein lebten sie sehr bescheiden. Wie auch immer.
Der Vater hat uns nicht in die Wüste gefahren, sondern hat die Kinder für ein paar Tage nach Port el Kantaoui geholt, weil wir da waren. Und der Brief war nicht herzerschütternd, eher erschien er mir nüchtern, sachlich. Ein TN Kollege hat ihn uns übersetzt und für uns auch mit der Mutti telefoniert, da wir solche Sachen nicht so gut in englisch oder französisch bereden konnten.
Die Kindseltern wussten nichts von dem Konto. Jezabel, das 1. Kind ist 2000 geboren - das Konto existiert heute nicht mehr.
Sie haben nie um etwas gebeten oder nach etwas gefragt. Mit dem Vater hatten wir bis 2007 noch Kontakt, 2008 haben wir ihn nicht finden können, er soll weggezogen sein. Aber auch von dieser Seite nie eine Bitte, auch nach der Trennung.
Ja, Wolf - du hast den Nagel auf den Kopf getroffen - die Mutter der Kinder hatte in Süd-Tunesien einen schweren Stand. Die Eltern haben die Hochzeit der Beiden damals nicht gebilligt, am Bräutigam blieb nie ein guter Faden.
Die einzige Tochter aus "gutem Haus" mit Wohlstand und Geld. Und die heiratet einen, der am Strand arbeitet...
Ich denke, dass die Mutti dieses Leben auch nicht gewöhnt war. Nie wirklich genug Geld, um auszukommen, dann kurz hintereinander 2 Kinder. Wir haben oft genug die Konflikte mitbekommen, wenn wir da waren, da wir uns - als sie noch zusammen lebten - jeden Tag über mehrere Stunden gesehen haben. Ihre Eltern haben auch immer gegen die Beziehung gearbeitet, das kam oben drauf.
Ich habe jetzt erst gehört, dass die Großeltern ein Haus in Tunis gekauft haben und sie nun dort leben.
Jezabel, natürlich haben wir mit unserer Patenschaft "Steilvorlagen"gegeben. Die Kinder sind immer aufgefallen. Vom Kinderbett (als wir das 1. Kind nach 9 Monaten erstmals sahen, schlief er auf 2 zusammengeschobenen Stühlen) über den Kinderwagen, Klamotten, Schuhe, Babykosmetik, Spielzeug usw. Und die vielen Pakete, die wir über das Jahr geschickt haben...
Aber die "Pause" dauert schon ziemlich lange. Die Kinder sind jetzt 8 und fast 7 Jahre alt. Funkstille.
LG Conny

Maria
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Registriert: 04.04.2008, 15:39

Beitrag von Maria » 27.01.2009, 16:47

Also wenn man ein "normaler" Mensch ist, mit den Werten, die man hier in Europa kennt, sind solche Großzügigkeiten unangenehm anzunehmen. Man füllt sich arm, demütigt, zur Dankbarkeit gezwungen. Egal wie freundlich und großzügig die Geschenke gegeben wurden. Man befürchtet irgendwann verpflichtet zu sein, sich bei dem Geldgeber zu verdanken. Egal wie arm ich wäre, möchte ich nicht so viele Geschenke von fremden Leuten annehmen. Ich finde also die Reaktion der Mutter eigentlich verständlich und normal
Ungewöhnlich ist, dass sie aus einem Mensch aus diesen Ländern kommt. Ihre Landsleute haben uns an etwas anderes gewöhnt. Es zeigt, dass es zumindest in Tunesien noch stolze Menschen gibt.

Es fällt mir einen anderen Fall ein: ein Dorf in Frankreich hatte vor einigen Jahren eine Partnerschaft mit einem Dorf in Polen. Die Franzosen hatten beschlossen, ihren polnischen Partners etwas gutes zu tun und hatten ein ausrangiertes (aber repariertes und renoviertes) Feuerwehrauto den Polen schenken wollen. Sie wurden aber nicht erlaubt über die Grenze zu kommen. Die Polen wollten den "Geschenk" nicht. Solche "Geschenke" sind nicht förderlich für die Wirtschaft dieser Länder. Ein stolzes Land wird sich selbst entwickeln wollen. Es ist bekannt, dass die Geschenke der Entwicklungshilfe den Entwicklungsländer jegliche Motivation zur Selbstentwicklung weggenommen haben.
Die tunesische Mutter hat vielleicht nicht so weit gedacht, aber das Prinzip ist das Gleiche.

Es stimmt, hier gibt es auch genug überforderte Eltern und Kinder, die auch Hilfe brauchen!
Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels

brighterstar007

Meine Meinung: Kein wirkliches Bezness

Beitrag von brighterstar007 » 08.02.2009, 00:19

Ihr Lieben,

es scheint nicht, als ob es Bezness war - allerdings kann man/frau
alle Vorkommnisse indirekt so deuten, dass die Familie an euer Mitleid appelliert hat (ein T-Shirt, obwohl es nicht unüblich ist, erst in den letzten Wochen vor der Geburt, die nötigen Sachen zu erstehen) etc.

Ihr habt es letztendlich freiwillig getan und hattet das Gefühl, etwas sinnvolles zu bewirken.

Ich bin sicher, in der Wüstengemeinschaft gibt es viele ältere kids, deren Eltern den neuen babies mit deren (getragener) Kleidung geholfen hätte.

Bei all eurem jahrelangen Engagement solltet ihr Frau und Kinder besuchen oder schreiben, um zu sehen, wie es ihnen geht, wenn es euch möglich ist.

Ich glaube, die Eheleute haben die Gunst der Stunde genutzt und ihr habt
etwas Gutes getan, wobei es meiner Ansicht nach nicht auf Dauer in einer armen Umgebung funktioniert, da die Familie so zum Aussenseiter wird
und vielleicht auch Neid/ Missgunst entsteht.

Liebe Grüße

Brighterstar

P.S. Ich habe nicht verstanden, ob ihr das Geld auf dem Konto dem Paar gegeben oder davon Anschaffungen für die Kleinen getätigt habt.
Falls das erstere der Fall ist, haben sich VIELLEICHT die Großeltern ein Haus davon gekauft - der Gedanke kam mir beim Lesen...

Roxanne
Beiträge: 14
Registriert: 13.10.2008, 14:12

Nicht immer nur negativ denken

Beitrag von Roxanne » 08.02.2009, 17:08

Ich finde es toll, dass ihr dieser Familie geholfen habt. Und ich finde es zum K..... das immer jemand alles mit Bezness in Verbindung bringt oder mit benutzten oder ausnutzen nehmt doch einfach mal etwas positives in euch auf und seid zufrieden.
Lügen haben kurze Beine

Alexia
Beiträge: 365
Registriert: 12.03.2008, 16:38

Beitrag von Alexia » 08.02.2009, 17:18

Roxane, ich möchte Dich an die Nettiquette erinnern.

Viele Frauen haben schreckliche Erlebnisse hinter sich und Verluste im teilweise fünfstelligen Bereich.

Natürlich sind Geschenke auch für den Gebenden eine Freude -
aber ein Beznessgeschädigter hat eben auch gegeben - und vorher keine Ahnung gehabt - ob sich da Zufriedenheit einstellen soll ? Ich habe meine Zweifel - die Welt ist nicht nur schön, nicht nur gerecht - es gibt auch eine andere Seite - genau diese Seite wird hier etwas beleuchtet

Einen schönen Abend noch

Alexia
Gemeinsam sind wir stark!

Jezabel

Beitrag von Jezabel » 08.02.2009, 17:20

Noch etwas, was mir auffiel: die Spenden liefen ca. 4 Jahre lang und wurden freudig angenommen.
Und nach so langer Zeit fällt der Frau ein, dass es ja eigentlich Allah's Wille ist, dass sie arm bleiben soll?
Hat sie was dazu geschrieben, warum diese Erkenntnis erst so spät einsetzte? Bei einem 12 seitigen Brief (????) müste doch eine Begründung drin sein.

Conny
Beiträge: 59
Registriert: 21.11.2008, 18:34

Beitrag von Conny » 08.02.2009, 23:05

Ihr Lieben, danke für eure Beiträge.
Was das vielbeschriebene T-Shirt betrifft, glaube ich nicht, dass die Eltern uns bewusst "auf eine Idee" bringen wollten. Aber man kann sich ja auch irren. Es war Mitte September, im Jan. sollte das Kind kommen. Erst, als wir (typisch Deutsch) sagten, dass es doch nicht sein kann, 3 Monate vor der Geburt erst ein Kleindungsstück zu haben, meinten die Beiden, dass sie sicher noch Kleidung von Bekannten bekämen.
Dass wir die Idee hatten, eine Patenschaft zu übernehmen, wussten sie anfangs nicht.
Das Konto existierte in Deutschland, die Eltern wussten nichts von dessen Existenz. Wir haben, wenn wir der Meinung waren, dass etwas für die Kinder notwendig war, darauf zurück gegriffen.
Liebe Jezabel, ja - der Brief kam lange, nachdem wir Patentanten waren.
Warum sie erst lange Zeit später geschrieben hat, dass sie das nicht mehr akzeptieren kann, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich habe mir alle Videos noch mal angesehen. Mir fällt auf, dass die Mutti oft aus dem Zimmer lief, wenn wir die Geschenke ausgepackt haben. Es scheint fast, sie hatte immer ein Problem mit unseren Zuwendungen.
Wir haben uns während unseres Urlaubs ja jeden Tag mehrere Stunden gesehen und viel geredet. Eine der Patentanten sprach abends mal darüber, dass sie den Eindruck hat, dass S., die Mutti, ein Problem damit hat, dass ihr Kind einfach dadurch auffällt, dass es süß gekleidet ist, Schuhe trägt, einen tollen Kinderwagen hat usw. Einfach, weil sie dadurch immer auffiel. Wie auch immer, der Brief kam, als bei den Beiden schon alles mehr oder weniger den Bach runter ging.
Die Eltern der Mutter haben bestimmt nichts mit unserem Geld zu tun, die hatten schon vorher den geschilderten Wohlstand.
Tja, man dreht sich im Kreis. Tatsache ist aber, dass wir nie um etwas gebeten wurden. Mir ist klar, dass man auch indirekt darauf hin arbeiten kann, an Geld zu kommen. Aber irgendwie glaube ich nicht wirklich daran, sonst hätten wir doch etwas gehört, oder?
LG Conny

Canim
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Registriert: 12.03.2008, 16:41

Beitrag von Canim » 09.02.2009, 09:17

Mach dir mal keinen Stress, liebe Conny.
Ihr habt Gutes getan, es ist ja anfangs auch dankend angenommen worden und die Kids hatten einen guten Start. Und wenn sie euch melken wollten, jetzt, wo die Kids größer werden, hätten sie sich nach so langer Zeit doch sicher schon mal wieder gemeldet.

Wenn ihr weiterhin großzügig sein wollt, dann unterstützt doch vielleicht hier in D ein paar Kinder, davon können es einige ebenso gut gebrauchen, dass das Geld nicht durch Papa's Kehle fließt, sofern einer vorhanden, sondern dass die Kids einfach mal nen neuen Tornister bekommen oder ein Federmäppchen oder einen Besuch im Schwimmbad, der sonst nicht drin ist.

LG
Canim
Gemeinsam sind wir stark!

brighterstar007

Beitrag von brighterstar007 » 09.02.2009, 23:17

Ihr Lieben,

es mag - bei mir wirklich so sein, dass ich "die Flöhe husten höre", z.B.
mit der Vermutung, die Großeltern hätten von euren Zuwendungen profitiert.

Allgemein möchte ich sagen, dass bei einer solchen Konstellation auf Dauer meiner Ansicht nach Probleme auftreten. Die Empfänger der Gaben werden sich unfähig fühlen, selbst für ihre Kinder zu sorgen, da sie sich - vielleicht soger unbewusst - auf eure Geschenke, die für ihre Verhältnisse vielleicht riesengroß sind, VERLASSEN und sich gleichzeitig
machtlos/ im Selbstwert angegriffen fühlen, nicht ebenso "gut" - im materiellen Sinn - für ihren Nachwuchs sorgen zu können.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, vielleicht zu Geburtstagen und zu Weihnachten, an sie zu denken und sie zu beschenken.

Wenn es jedoch darüber hinaus geht, ist meiner Ansicht der Kontrast viel zu groß / schmerzhaft- sowohl in Bezug auf die arme Umgebung/ Dorfgemeinschaft, als auch durch die Tatsache, dass die tunesische Familie Tag für Tag in diesen Zusammenhängen lebt und dort nicht raus kommt.

Weshalb sie es vier Jahre akzeptiert haben, weiß ich natürlich auch nicht - es sei denn, die Mutter hat es in ihrem Brief erklärt.

Liebe Grüße

Brighterstar

P.S. 1 Besucht ihr sie noch oder habt ihr schriftlichen Kontakt ?

P.S 2 Von mir kann ich sagen, dass ich mich meiner Armut schäme - auch wenn ich 100.000 mal vom Verstand her weiß, dass meine frühkindliche chronische Traumatisierung zu 100% NICHT meine Schuld war/ist.

Die "klugen" Menschen ( ich meine allgemein : die Umwelt) sehen halt oft nur das Äussere und verstehen nicht, dass es Personen gibt, die unter Einschränkungen leiden, nur weil man/frau es ihnen nicht ansieht.

Conny
Beiträge: 59
Registriert: 21.11.2008, 18:34

Beitrag von Conny » 10.02.2009, 21:13

Liebe Canim, liebe Brigtherstar!
danke für eure Zeilen. Zusammenfassend sehe ich, dass viele nicht der Meinung sind, dass es sich um Bezness gehandelt hat. Tut irgendwie gut, denn letztendlich haben wir viel Herzblut investiert.

Brighterstar, richtig: S., die Mutter schrieb in diesem Brief, dass ihr mehr und mehr bewusst wurde, dass nicht sie für ihre Kinder sorgt, sondern wir. Dass sie sich einfach unfähig fühlt, hilflos.

Wir haben sie damals darum gebeten, ihren Kindern dieses "Kleine Glück" nicht zu verwehren - sie ist die Mutter, sie erzieht ihre Kinder, sie sitzt an deren Bett, wenn sie krank sind. Wir sind Freunde und Patentanten. Dass eine Patenschaft in Deutschland mittlerweile auch so läuft, hat sie verstanden. Trotzdem prallten Welten aufeinander. Was ich erst heute richtig nachvollziehen kann.
Ihre Eltern waren ganz und gar nicht von dieser Patenschaft angetan.
Bei einem Telefonat brüllte ihr Dad herum, sie haben es uns übersetzt. Die Eltern lebten damals noch in der Wüste, ihre Tochter in einem Touristenort, mit einem Looser vom Strand verheiratet. Der war nicht in der Lage, seine Familie zu ernähren - schlimmer - die Familie wurde durch deutsche Touristinnen unterstützt...
Seitdem sie nach der Tennung zu ihren Eltern gezogen ist, ist der Kontakt gänzlich abgebrochen. Die neue Adresse in Tunis haben wir nicht einmal. Da die Eltern finanziell nicht schlecht stehen, ist für die Kinder und sie gesorgt. Das hat uns der Vater der Kinder damals erzählt.
S., die Mutti bekam es zwar täglich vorgehalten, aber letztendlich hat sie wohl keine andere Wahl.
Ich stimme dir zu, man schämt sich seiner Armut, auch wenn man vom Verstand her weiß, dass man es nicht sollte. So wird es auch bei ihr gewesen sein. Auch die Religion spielte sicherlich eine nicht unerhebliche Rolle...

Wenn ich heute darüber nachdenke: Unsere Patenschaft ging schon über das normale Maß hinaus. Als wir nach der Geburt des 1. Kindes unsere "Mitbringsel" in die Hotelhalle packten und auf das Taxi warteten, kam unser Guest-Manager und fragte: "Warum wollt ihr ausziehen, gefällt es euch hier nicht mehr?"
Es war so viel Gepäck, dass er schlicht dachte, wir verlassen das Hotel.

Man (bzw. ich) weiß heute - und nicht zuletzt durch diese Page - dass unsere Patenschaft sicherlich zu viel des Guten war. Etwas schlichter hätte es auch getan: 5 Patentanten, die das Jahr über einkaufen und (neben Paketen) dann auch noch Geschenke mitbrachten.
Damals haben wir alle gut verdient (das ist heute anders) und unsere Patenkinder waren schon etwas ganz besonderes für uns. Es gibt so viele Situationen, bei deren Erinnerung ich mich heute noch ein Freudentränchen wegwische.
Deshalb hat es mir (uns) ja so weh getan, dass unsere Bekannten hier in Deutschland dann auf einmal von Bezness sprachen.

Liebe Canim, auch in D (NRW) unterstütze ich mittlerweile Kinder. (Lichtblicke e.V. - für unverschuldet in Not geratene Eltern und Kinder)... :wink:

LG Conny

Canim
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Registriert: 12.03.2008, 16:41

Beitrag von Canim » 11.02.2009, 09:21

Liebe Conny,
das war beileibe kein Vorwurf, ich hoffe, du hast das auch nicht so verstanden. Aber ich erschrecke immer noch, wenn ich sehe, wie vielen Kindern es hier in unserem immer noch bestens situierten Deutschland geht und mich packt jedes Mal die Wut, dass die Politik hier so wenig unternimmt.

LG
Canim
Gemeinsam sind wir stark!

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