Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

In unserem Hauptmenue findet Ihr unter "Buchtipps" viele Bücher zum Thema. Neue und bei uns noch nicht gelistete Bücher können hier vorgestellt und dann in die Bücherliste zum Bestellen übernommen werden.

Moderator: Moderatoren

Antworten
SchwipSchwap

Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

Beitrag von SchwipSchwap » 27.05.2017, 15:29

Viele von Euch werden den Roman von Mohammed Moulessehoul alias Yasmina Khadra vielleicht schon kennen, anlässlich des kürzlich stattgefundenen
Terroranschlags in Manchester bin ich durch ein Gespräch mit einer Freundin, die mir das Buch in die Hand drückte, aber erst jetzt darauf gestoßen
und möchte es jedem der es noch nicht gelesen hat gerne weiterempfehlen. Denn ein eindringlicheres Plädoyer gegen den Extremismus
habe ich bislang nirgends auffinden können.

Klappentext:

"Ein packender Roman über die Logik des Terrorismus.
Bei einer Razzia des US-Militärs wird ein junger Iraker tief gedemütigt und
muss seine Familie und sein Heimatdorf verlassen. Er beschließt, sein Leben
der Aufgabe zu widmen, den Westen tödlich zu treffen. Höchst eindrucksvoll
erzählt Yasmina Khadra von Menschen in einer ausweglosen Spirale aus
zerstörter Ehre und Hass."


Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-13865-9
https://www.dtv.de/buch/yasmina-khadra- ... dad-13865/



Liebe Grüße,
SchwipSchwap.

Moppel
Beiträge: 1964
Registriert: 12.06.2009, 13:12

Re: Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

Beitrag von Moppel » 27.05.2017, 17:32

Klingt für mich erst einmal nach der üblichen Terroristenversteherei. Es wird in der Regel komplett unterschlagen das ein Terrorist handelt weil er es will und ihm unterstellt das er keinen eigenen Willen zu haben scheint. Wer sich wie in GB gezielt bei einem Pop Konzert selber sprengt um so viele Kinder und Jugendliche wie möglich zu töten, der handelt mit Vorsatz.
Gruß

SchwipSchwap

Re: Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

Beitrag von SchwipSchwap » 27.05.2017, 21:03

Hallo Moppel,
Moppel hat geschrieben:Klingt für mich erst einmal nach der üblichen Terroristenversteherei. Es wird in der Regel komplett unterschlagen das ein Terrorist handelt weil er es will und ihm unterstellt das er keinen eigenen Willen zu haben scheint.
Gruß
dieses Buch berichtet von einem fiktiven Ich-Erzähler, dessen Weg von seinem durch den Beginn des Krieges unterbrochenen Studium bis zum Anschluß an eine Terrorgruppe, die ihn letztlich mit einer "Attentat-Mission" (auf die er selbst monatelang gedrängt hat) beauftragt beschrieben wird.

Da dieses Buch nicht aus der Perspektive eines Terrorangriff-Zeugen, -Überlebenden ö.ä. geschrieben wurde ist der Roman natürlich als "Stückwerk" zu betrachten und bemüht sich gerade im ersten Abschnitt durchaus eine erzählerische Verbindung zwischen den Kriegs-Erlebnissen (die sich aber an reale Kriegsvorfällen im Irak lehnen) des Protagonisten und seiner späteren Gewaltbereitschaft herzustellen.
Der zweite Abschnitt, dessen Handlung sich in Bagdad abspielt, offenbart meiner Meinung nach jedoch sehr anschaulich die durch nichts auf der Welt zu rechtfertigende Kaltblütigkeit der Schlächter, die selbst nicht davor zurückschrecken einen voll mit aus dem eigenen Land stammenden Kindern besetzten Schulbus in die Luft zu sprengen.

Auch besteht das Motiv des Hauptprotagonisten nicht darin für eine nach dem Tenor der Dschihadisten und ihrer Freunde seinem "Volk dienenden und auf die Zerstörung der imperialistischen Hegemonie abzielenden, d.h. = "gerechten" Sache" Blut zu vergießen, sondern schlichtweg die verletzte Ehre und der Rachegedanke waren es, die in ihm den Entschluß reifen liessen andere Menschen mit in den Tod reißen zu wollen.
Im Buch wird explizit darauf verwiesen, dass die durch die Terroristen und ihren Sympathisanten propagierte eindimensionale, pauschal abwertende Sicht auf den Westen für ihn nur als "Überbau", keineswegs aber als grundlegende Triebfeder dient.

Ich denke, jeder sollte sich seine eigene Meinung darüber bilden. Für mich persönlich appeliert das Buch daran, sich den Ernst der Lage und die vor nichts halt machende Grausamkeit dieser Mörder zu vergegenwärtigen - die der Autor sehr gut zu schildern weiß.

Apropos, Mohammed Moulessehoul (d.h. der Verfasser) soll übrigens Offizier bei der algerischen Armee gewesen sein.
Er hat auch eine (mit fiktiven Elementen durchsetzte) Biographie über Gaddafi verfasst, die ich gerne als nächstes lesen möchte.


Liebe Grüße,
SchwipSchwap.

karima66
Beiträge: 1992
Registriert: 20.03.2009, 12:54

Re: Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

Beitrag von karima66 » 29.05.2017, 11:57

Habe alle seine Bücher, auch passend sein Buch " Die Attentäterin".

SchwipSchwap

Re: Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

Beitrag von SchwipSchwap » 29.05.2017, 18:05

Hallo Karima,

oh ja, das klingt nach fulminanter Prosa! :D
Ich habe sogleich eine Leseprobe aufgestöbert und fühle mich allein von der ersten Seite schon unmittelbar in das Szenario eingesogen...
Mit derselben bezwingenden Intensität und Finesse wie Géricault einst Das Floß der Medusa malte schreibt in meinen Augen auch der Khadra!


Liebe Grüße.

karima66
Beiträge: 1992
Registriert: 20.03.2009, 12:54

Re: Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

Beitrag von karima66 » 30.05.2017, 14:55

Ja, lese ihn schon sehr lange, letzten September wurde in Frankreich wieder ein neues Buch von ihm beworben, hab den Titel vergessen, gibt es hier aber noch nicht, mal sehen wann.

"Die Attentäterin" wurde übrigens auch verfilmt, habe ich gesehen, sehr tief beeindruckend, aber Bücher finde ich immer intensiver.

Antworten