Hallo Anna5,
dieser Thread lässt mir irgendwie keine Ruhe. Habe lange überlegt, ob ich das Folgende überhaupt absenden soll. Aber gut, ich tue es. Weil ich mir vorstellen kann, dass Du nun dasitzt und leidest, obwohl Du Deinen Thread sicher in bester Absicht eingestellt hast.
Du hast geschrieben:
Anna5 hat geschrieben: ↑24.08.2022, 14:55
Nach dem Motto: Einer für Alle und Alle für Einen und dann ALLE GEMEINSAM AUF/GEGEN DEN EINEN.
In anderen Worten: Gehört man nicht in Eure eingeschworene Gemeinschaft und teilt man nicht die gleichen Auffassungen ,
wird man dermassen beäugt und begutachtet und jedes Wort analysiert, bewertet und kommentiert.
Für mich bedeutet das, dass Du Dich ausgeschlossen fühlst, nicht angenommen fühlst, Dich wohl sogar verletzt fühlst. Das war und ist hier niemandes Absicht!
Ich möchte Dir (in der Sicherheit der Anonymität, sonst würde ich es nicht tun) eine kleine Begebenheit erzählen, aus der ich für mich viel gelernt habe. Denn ich kenne dieses Gefühl der ausgeprägten Verletzlichkeit, der vermeintlichen gefühlten Bloßstellung. Es gab eine Zeit, da fühlte ich mich buchstäblich durch „die Fliege an der Wand“ verletzt, da konnte es passieren, dass geringfügige, im Grunde genommen bedeutungslose „Kleinigkeiten“ – sprich: die geringste Kritik – mich innerlich niederreißen konnten. Für mich waren sie keine Kleinigkeiten, sondern eher ein Zeichen dafür, wie unvollkommen und deshalb ablehnenswert ich war. Doch ich war es gar nicht, ich fühlte mich nur so.
Vor vielen Jahren gab es eine Situation, in der Arbeitskolleginnen sich untereinander über das Verhalten einer Kollegin beschwerten, die gerade nicht im Raum war. Worum es ging, weiß ich nicht mehr, ich hatte mich an der Diskussion nicht beteiligt.
Unvermittelt betrat diese Kollegin den Raum. Sie musste Gesprächsfetzen mitbekommen haben, und sie ging sofort darauf ein. Mit entwaffnender Offenheit in Mimik und Gestik, unbeschreiblich authentisch und in aller Sachlichkeit sagte sie (sinngemäß): „OK, Leute, was liegt an?“
Kleine Pause, weil sich niemand äußerte.
Entschlossen fügte sie hinzu: „Nun kommt schon, Leute, Ihr habt mir was mitzuteilen, reden wir darüber.“
Und dann wurde darüber geredet, in aller Offenheit und Sachlichkeit. Jede von uns spürte die ehrliche Bereitschaft zur Auseinandersetzung, welche diese Kollegin offenbarte.
Ich hatte das stillschweigend beobachtet und war ganz baff. Diese Kollegin hatte mir etwas vorgelebt, was ich bis dahin nicht kannte. Sie hatte in mir ein Gespür dafür freigelegt, dass Kritikfähigkeit eine besondere Eigenschaft sein muss, ja, eine erstrebenswerte sogar. Denn in einer Gemeinschaft, im menschlichen Miteinander halte ich sie für unverzichtbar. Kritik ist lediglich ein Instrument der Korrektur. Und manchmal sind kleine Korrekturen am eigenen Verhalten unerlässlich, um vor allem zum eigenen Wohl besser weitermachen zu können.
Diese kleine Geschichte mag Dir dabei helfen, Dich nicht ausgeschlossen zu fühlen. Möge sie auch in Dir ein Gespür für Dich selbst freilegen. Eine Kritik bedeutet lediglich eine Kritik an einem einzelnen Punkt. In aller Regel ist dieser einzelne Punkt es wert, diskutiert zu werden. Eine Kritik bedeutet nicht eine Kritik an einem Menschen in seiner Gesamtheit, sie bedeutet nicht Ablehnung des ganzen Menschen, nicht den Ausschluss aus der Gemeinschaft!
Es gibt hier keine eingeschworene Gemeinschaft. Es gibt nur einige, die sich inzwischen besser „kennen“ und einschätzen können, wie das „bekannte“ Gegenüber „so tickt“.
Vielleicht hilft Dir dieses, um Dich nicht selbst aus dieser Gemeinschaft auszuschließen. Das wünsche ich mir für Dich.
Freundliche Grüße
"Und wenn du das Gefühl hast, dass gerade alles auseinander zu fallen scheint, bleib ganz ruhig ...
es sortiert sich gerade neu!"
Autor unbekannt