Mir ist bewusst, dass das Thema bereits vor einiger Zeit besprochen worden ist; ich bin leider erst jetzt drauf gestoßen, da ich mich normalerweise eher in der Ägypten-Ecke rumtreibe.
Was mir jedoch sofort aufgestoßen ist: ja, ein Moslem darf eine Christin heiraten (umgekehrt nicht). Aber doch nicht in der Moschee? Anni, bist Du sicher, dass Du nicht vorher ohne Dein Wissen schnell noch ein Glaubensbekenntnis gesprochen hast? Ich muss auch vielen Vorrednern leider recht geben, dass die tatsächlichen Prüfungen erst noch ausstehen - Kinder und die mit zunehmendem Alter steigende Religiösität sind tatsächlich Knackpunkte.
Ich bin mit meinem Mann zusammengekommen, nachdem wir uns bereits rund 10 Jahre kannten (ich habe immer Urlaub im gleichen ägyptischen Ort gemacht und auch einmal ein halbes Jahr Praktikum; mit feiern, trinken und was sonst noch so dazugehört für lebenslustige europäische Frauen in ihren 20ern). Sprich, er wusste, was er kriegt; man sollte meinen, dass er z.B. Alkohol, westliche Kleidung und Freunde beiderlei Geschlechts also akzeptiert, wenn er sich entscheidet, mit mir zusammenleben zu wollen. Weit gefehlt. Wir haben erst 3 Jahre in Ägypten zusammengelebt und sind jetzt seit 5 Jahren in Deutschland; ich kenne also ein wenig das Leben auf beiden Seiten.
Dass ich mich allein mit einem Mann treffe, ist ein absolutes No-Go - ich musste das mühselig lernen, da ich sehr viele männliche Freunde habe (hatte trifft es eher) und auch durchaus fähig bin, nicht sofort über jeden herzufallen. Das glaubt mir mein Mann auch; aber es geht darum, "was die Leute denken könnten". Nicht nur in Ägypten, wo einen in kleineren Orten jeder kennt, sondern sogar hier in Deutschland. Einen Moslem, der sich immer an wirklich alle Regeln hält, habe ich noch nie getroffen; das würde ich Deinem Mann jetzt auch nicht ankreiden. Meiner hat sich durch Sex vor der Ehe mit mir und generell einem westlichen Lebensstil bis zu unserer Heirat auch nicht mit Ruhm bekleckert, aber dann fing dummerweise mit mir plötzlich der Ernst des Lebens an (dabei gefiel er mir vorher besser
).
Seine Religiösität schwankt nach wie vor; jedes Jahr gibt es so 1-2 Monate, wo wir sogar Alkohol im Haus haben (meist kurz nach dem Ramadan, wenn man erstmal wieder für ein Jahr sauber und von allen Sünden gereinigt ist); den Rest des Jahres ist es sogar ein Drama, wenn ich ausschließlich beim Ausgehen (2-3mal im Jahr, seit wir Kinder haben) trinke. Ich lasse mich nicht verbiegen; ich war halt auch schon ein wenig älter (33), als wir ein Paar wurden, und damit nicht mehr umerziehbar (seine Worte
). Ich habe kein Problem mit Kompromissen; die gibt es in jeder Beziehung. Mich stört es nicht, dass ich zu einem anderen Fleischer gehen muss, ein wenig fehlt mir an Sommerabenden auf der Terrasse das Glas Wein, aber im Großen und Ganzen kam ich bislang ganz gut klar mit der Binationalität.
Aber es gibt keine einheitlichen Regeln. Während des Ramadans ging plötzlich die Welt unter, weil ich auf einer Betriebsfeier getrunken und damit "gegen unsere Abmachung verstoßen" hatte (im Leben würde ich nie vereinbaren, keinen Alkohol mehr zu trinken); vorgestern fragte er ernsthaft, ob ich Lust auf ein Glas Sekt hätte. Die Hilfe im Haushalt (Hilfe ist falsch; als Partner in meinem Leben und unserer Wohnung obliegt die Sauber- und Instandhaltung derselben meiner Meinung nach uns beiden) sowie das Spielen mit den Kindern wird mehr und mehr zu Gunsten des Koranlesens eingestellt. Es ist ihm nicht wichtig, ob ich konvertiere (auch wenn er natürlich in die Hände klatschen würde, sollte ich diese umnachtete Idee mal haben). Da ich als Atheistin aufgewachsen und damit ungläubig bin (die Wahl meiner Eltern, nicht meine), hab ich mich als Zugeständnis an meinen Mann in einer Wischi-Waschi-Zeremonie durch einen im Internet zum Priester geweihten amerikanischen Bekannten taufen lassen - das islamische Glaubensbekenntnis läuft ähnlich umstandslos ab, daher war das für meinen Mann okay so. Aber wenn ich mich an "meine" Regeln halte, laufe ich damit natürlich durchaus gegen seine Regeln, und damit tut er sich oft schwer.
Ich empfinde mich nicht als ein Beznessopfer. Ich habe mich meinem Mann quasi an den Hals geworfen, weil ich noch einmal für eine Weile in Ägypten leben wollte und wir, zusätzlich zu unserer jahrelangen Bekanntschaft, plötzlich auch ein nettes Urlaubsverhältnis hatten. Ich habe mich für einen Umzug nach Ägypten entschieden, und nach der Revolution 2011 und den damit einhergehenden Verschlechterungen im dortigen alltäglichen Leben (kaum noch Touristen, damit kaum noch Arbeit, Lohn auch vorher schon mies, Lebenhaltungskosten immer höher...) habe ich wiederum entschieden, dass wir, mittlerweile mit erstem Kind, in Deutschland leben werden. Natürlich war das für meinen Mann ein Hauptgewinn, auch wenn er das nie zugeben würde.
In unserer Beziehung sieht er sich gerne mal als Opfer
Das Problem mit der Beziehung auf Augenhöhe kommt halt auch nicht sofort zum Vorschein - in der ersten Verliebtheit und vor allem in Ägypten mit seinen beschränkten kulturellen und sonstigen Möglichkeiten war ich der Meinung, dass das passt zwischen uns. Nun in Deutschland, mit Alltag, zwei kleinen Kindern, Beruf und allen Möglichkeiten, die die freie Welt so bietet, sieht das durchaus anders aus. Und unsere Kinder sind Töchter - das in Verbindung mit der zunehmenden Religiösität entspannt mich auch nicht wirklich.
Ich will Dir Deine Ehe nicht schlecht reden. Ich glaube Dir, dass Du das alles als harmonisch empfindest; ebenso wie Du bereue ich es auch nicht, meinen Mann geheiratet zu haben (ich bin aber eh kein Bereuungsmensch, weil das nichts bringt - hätte hätte Fahrradkette). Ich hatte dank ihm eine tolle, wenn auch nicht einfache Zeit in Ägypten und habe zwei superklasse Kinder. Aber sowohl in Ägypten als auch in Deutschland liegen die Chancen, dass eine Ehe gleicher Nationalitäten auseinandergeht, bei grob 50%; wenn man verschiedene Nationalitäten, Kulturen, Religionen, Anschauungen, Traditionen etc. mischt, muss man also logischerweise alles doppelt und dreifach hinterfragen. Vor allem im Urlaub (trifft grad auf Dich nicht zu, ich weiß, aber auf so viele andere hier), wo man eh nicht ganz beieinander ist. Sei einfach immer wachsam (nicht zwingend misstrauisch) und lass Dich nicht verbiegen. Er hat sich in Dich verliebt, so wie Du bist - das sollte er nicht ändern wollen.