ich bin froh, euch gefunden zu haben!
Ich (Mitte zwanzig, Studentin) bin seit zwei Wochen mit einem ca. gleichaltrigen jungen marokkanischen Mann aus einer Nachbarstadt zusammen. Wir haben uns über eine Chatseite kennen gelernt. Eigentlich hatte ich mich dort angemeldet, um nur ein bisschen zu schreiben, da ich eine schmerzhafte Trennung hinter mir habe, die noch nicht so lange zurückliegt und mich einfach ein bisschen mit sinnlosem Gechatte ablenken wollte. Dann traf ich auf ihn und von seinem Schreibstil her war er mir sehr sympathisch, wir schienen ähnliche Wertvorstellungen, Interessen und Zukunftspläne zu haben, tauschten dann nach einer Zeit unsere Handynummern aus ... Irgendwann trafen wir uns dann und es kam zum Küssen und bald auch zu mehr (obwohl ich eigentlich nie der Typ war, der die Dinge so schnell angeht!).
Es gibt jedoch einige Punkte, die mir Sorgen machen und immer im Hinterkopf schwirren

Zu meinem Freund:
Er ist in Marokko als Einzelkind geboren und dann nach Frankreich zum Studieren gegangen, wobei ihn sein Vater finanziell unterstützt hat. Nachdem sein Vater dann aber plötzlich verstarb, musste er das Studium aus finanziellen Gründen abbrechen, da seine nicht arbeitende Mutter ihn nicht unterstützen konnte. Er ging nach Deutschland, weil er nicht zurück nach Marokko wollte, wo er seiner Aussage nach keine Zukunftsperspektiven hätte.
Ich wusste, als wir zusammen kamen, dass er ziemlich arm ist und sich im Moment mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält und dass der Deutschkurs, den er gerne besuchen möchte, ihm bisher nicht bewilligt wurde.
Was ich jedoch erst später erfahren habe und was mich ziemlich erschrocken hat ist, dass er wohl seit 2 Jahren ohne Papiere und unter falschem Namen hier ist!
Ich sprach ihn darauf an, als mir auffiel, dass der Name auf seinem Briefkasten nicht identisch ist mit dem, den er mir genannt hatte und nachdem er erst nur meinte, das sei eine lange Geschichte, ich aber immer weiter nachgebohrt habe, erfuhr ich schließlich oben Stehendes. Er sagte, er hätte mir von Anfang an die Wahrheit sagen wollen, sich aber geschämt dafür, mich angelogen zu haben und auch Angst gehabt, weil man bei Leuten aus dem Internet ja nie sicher sein könne, ob sie wirklich sind, wer sie zu sein vorgeben.
Das Thema Heirat wurde angesprochen, als ich fragte, ob es denn keine Möglichkeit für ihn gebe, um z.B. sein Studium hier abzuschließen. Er meinte "leider nein" und es gebe nur eine Möglichkeit hierzu .... Ich wusste natürlich, worauf das hinauflief, stellte mich aber dumm. Dann meinte er, ich wüsste doch, welche Möglichkeit das wäre. Dann sagte er, er hätte das Thema von sich aus nicht ansprechen wollen, damit ich nicht denke, er sei nur deswegen mit mir zusammen gekommen und schwor mir bei Allah, er würde mich in diesem Punkt nicht anlügen.
Irgendwann anders kamen wir noch mal auf das Thema Heirat und ich erklärte ihm, dass eine Heirat für mich nur in Frage käme, wenn ich lange (d.h. mehrere Jahre) mit jemandem zuvor zusammen gewesen sei und mir sicher sei, die Person gut zu kennen.
Dagegen hielt er dann, Liebe sei nichts, was wirklich vor einer Ehe da sein könnte, sie würde sich erst mit der Zeit entwickeln, je länger man zusammen bleibt und das Leben gemeinsam meistert ... Da sagte er, wenn ich das so sehe ok. Ich würde mit der Zeit sehen, dass er so ist, wie ich ihn kennen gelernt habe und mir nichts vorspielt.
Auch regt er sich immer über Leute auf, die nicht ehrlich zu ihren Partnern sind und betrügen oder ihnen etwas vorspielen. Er sagte, wenn er eine Freundin habe, dann nur diese eine und er würde sich nicht parallel nach anderen umsehen wie andere Männer, ihm sei Treue sehr wichtig.
Als ich so ungefähr meinte, ich fände das alles sehr krass und würde gerne mit einer Freundin über alles reden, meinte er, besser nicht, es gebe "böse Menschen", so nach dem Motto, die mir dann einreden würden, dass er mich nur ausnutzen wolle.
In seiner Wohnung habe ich aber Notizzettel gesehen, auf denen er Übersetzen von Arabisch ins Deutsche geübt hat und war ziemlich erschrocken, als ich dort den Satz "Willst du mich heiraten" unter den Vokabeln fand ...
Irgendwann kamen wir mal auf das Thema Kinder und ich meinte, dass ich irgendwann gerne welche hätte, nur jetzt sicher nicht, da ich mitten im Studium bin und danach erst einmal beruflich Erfahrungen sammeln möchte. Er meinte wieso, schließlich gebe es hier viele Studentinnen mit Kind, Kinder seien etwas Tolles. Wir könnten auch jetzt ein Kind haben, wenn ich es wollte.
Als ich ihn dann auf seine prekäre wirtschaftliche Lage und Wohnsituation (er wohnt in einem ärmlichen Viertel) und meine bescheidenen finanziellen Mittel hinwies, was (neben seinem Aufenthaltsstatus und der Tatsache, dass wir uns erst so kurz kennen) wohl kaum der geeignete Umstand für eine Familiengründung ist, gab er mir recht.
Das ist auch einer der Gründe, warum ich anders als er bei der Verhütung immer auf Pille und Kondom bestehe.
Ein andern Mal ging es um das Thema Fahrtkosten. Er hat ein Zugticket für unser Verkehrsgebiet, ich nicht. Also fallen bei jedem Treffen für mich Fahrtkosten an, für ihn geringere, da er nur ein Zusatzticket kaufen muss. Bisher haben wir uns immer abgechselt, damit keiner alles zahlen muss. Irgendwann schlug er dann vor, wir könnten doch einfach zusammen bei ihm oder bei mir wohnen, um die Kosten zu sparen und dann von dort aus zu unseren jeweiligen Jobs pendeln ...
Daraufhin erklärte ich, dass ich nicht mit jemandem quasi zusammen wohne, den ich erst so kurz kenne.
Zur Religion kann ich sagen, dass er fastet und betet, aber mir auch gestanden hat, dass er raucht, früher Alkohol getrunken hat und vor mir außereheliche sexuelle Beziehungen hatte. Als ich fragte wieso, da das für mich im Widerspruch mit seiner Aussage stand, sein Glauben sei ihm sehr wichtig und ob er mich und sich dann nicht für "schlampig" (entschuldigt, mir fällt kein besseres Wort ein) halten müsste, da wir vor der Ehe miteinander geschlafen haben, meinte er, der Mensch sei eben nicht ohne Sünde und wir hätten uns schließlich bei einander wohl gefühlt. In seinem heimatland sei es inzwischen auch üblich, dass junge Menschen vorehelichen Sex hätten und seine Eltern hätten ihm seine damaligen Beziehungen deswegen auch nicht verboten.
Andererseits lässt er auf seine Religion jedoch nichts kommen, wie ich bei unseren Gesprächen über Christentum und Islam feststellen konnte. Er weiß, dass ich Christin bin und nicht konvertieren würde, meinte aber auf meine Nachfrage, dass seine Kinder für ihn nur muslimisch erzogen werden dürften.
Ich weiß nicht, was ich von alldem halten soll. Ich habe ihn wirklich gern, wir können uns sehr gut unterhalten (auch über ernste Themen) und zusammen lachen, haben viel Spaß, wenn wir etwas unter. Ich schätze es, wie er mir bei Problemen in der letzten Zeit gleich seine Hilfe angeboten hat und trotz seiner geringen finanziellen Mittel darauf besteht, mich einzuladen bzw. wenn das nicht möglich ist, Dinge immer selbst zu zahlen. Er weiß, dass bei mir finanziell nicht viel zu holen ist.
Auch zeigt er sich sehr interessiert an den Dingen und Menschen, die mir wichtig sind und hat z.B. anders als mein letzter Freund kein Problem damit, meine Eltern kennenzulernen.
Er weiß auch, dass ich aus einer Polizistenfamilie komme und u.a. deshalb niemals etwas Illegales tun oder unterstützen würde und meine Familie im Falle, dass mir etwas Schlimmes durch einen neuen Freund passieren würde, demjenigen auf gut Deutsch gesagt die Hölle heiß machen würde.
Zusammenfassend: Ich mag ihn gern, aber im Hinterkopf läuten auch die Alarmglocken .... Zurecht oder unrecht?
Da ich im Kulturbereich arbeite, ist mir Toleranz sehr wichtig und ich schäme mich schon fast, ihm unlautere Absichten zu unterstellen und hier hinter seinem Rücken über ihn zu schreiben. Aber andererseits weiß ich, dass ich dazu neige nur das Gute in Menschen sehen zu wollen und anderen sehr gerne helfe, was dann die Wahrnehmung trüben kann

Eine Freundin von mir, die mit einem Marokkaner glücklich verheiratet ist und der ich den Fall geschildert habe, meinte, es wäre schwer zu beurteilen. Sein Verhalten könnte kulturelle/religiöse Gründe haben (eine schnelle Heirat sei dort üblich, um nicht in Sünde zu leben, auch wenn voreheliche Aktivitäten inzwischen weit verbreitet sei), es sei ein anderes Eheverständnis als bei uns. Genau so gut könnte es aber sein, dass er mich nur ausnutzen wolle und ich sollte ihn ruhig besser kennen lernen, dabei aber vorsichtig sein ...
Was meint ihr zu dem allen?