ich lese hier schon ein paar Tage mit und möchte Euch jetzt auch mal um Euren Rat bitten.
Ich war bisher insgesamt 3 Mal in einem muslimischen Land (vor 20 Jahren in Ägypten, vor 12 Jahren in Tunesien und letztes Jahr in der Türkei) und habe mir jedes Mal nach meiner Rückkehr geschworen, dass es das letzte Mal war. Ich komme nach wie vor nicht klar mit der Frauenrolle, die in diesen Ländern gelebt wird. Für mich ist es das Schönste, in einem fremden Land auch mal auf eigene Faust Dinge unternehmen zu können und ich möchte weder ständig angequatscht werden noch auf männliche Begleitung angewiesen sein. Zudem hatte ich vor allem damals in Ägypten selbst beobachtet, dass in unserem Hotel die Frauen komplett wahllos angesprochen und angeflirtet wurden und wenn die eine nicht wollte, wird eben die nächste anvisiert.
Wie es dazu kam, dass mein Freund und ich dann ausgerechnet in die Türkei geflogen sind, kann ich im Nachhinein kaum erklären, aber das ist auch nicht relevant.
In unserem Hotel waren die Mitarbeiter sehr freundlich und distanziert, bis vielleicht auf die Masseure. Die waren schon ein bisschen schmierig, aber das wird vielleicht von ihnen erwartet. Wie es in der Türkei wohl üblich ist, haben wir an einem Tag einen Ausflug zu einer großen Goldschmiede gemacht. Mein Freund war ganz begeistert von den günstigen Preisen und wollte unbedingt für mich und seine Schwester etwas Schönes kaufen. Mich hat die aufdringliche Art der Verkäufer komplett abgeschreckt und ich wollte nichts haben. Ich habe nur darauf gewartet, dass wir den Laden endlich verlassen können. Mein Freund hat aber noch für seine Schwester ein Paar Ohrringe gekauft und dabei dann wohl auch Namen und Adresse angegeben.
Als wir das Geschäft endlich verlassen wollten stand plötzlich ein Mann vor mir. Etwa um die 50 (ich selbst bin 46) und er wirkte ebenso schüchtern und überfordert wie ich. Mein Freund bekam das gar nicht mit, er war mit seinem Einkauf beschäftigt und lief einfach weiter. Dieser Mann jedenfalls nahm wortlos meine Hand, legte ein kleines Samtbeutelchen hinein, schloss meine Finger darum, lächelte mich an und verschwand. Ich war völlig baff. Im Bus öffnete ich das Beutelchen und erzählte auch meinem Freund davon. Der freute sich sogar, dass die Leute dort so nett seien und mir auch noch ein Geschenk gemacht haben. In dem Beutel befand sich ein Paar zierliche Ohrstecker mit blauen Steinen, sonst nichts.
Nach dem Vorfall habe ich noch einige Male über diesen Mann nachgedacht, der mir das Geschenk gemacht hat, und dann das Beutelchen ganz unten in meinem Schmuckkästchen verstaut und vergessen.
Und jetzt, bald ein Jahr nach unserem Urlaub, bekomme ich plötzlich eine Nachricht über Facebook. Ich gehe mal davon aus, dass dieser Mann meinen Freund über die Verkaufsunterlagen bei Facebook gefunden hat und so auf meine Seite gelangt ist. Da mir der Name nichts sagte und ich diese ominösen Freundschaftsanfragen von Unbekannten ohnehin leid bin, habe ich sie zunächst gar nicht gelesen. Irgendwann siegte jedoch die Neugier und als ich dann die Fotos sah, wusste ich, wer mir da schreibt. Sinngemäß schrieb er in sehr gutem Englisch: „Hallo XX, mein Name ist YY. Vielleicht erinnerst Du Dich nicht mehr an mich. Du warst letztes Jahr mit Deinem Mann in der Goldschmiede in ZZ. Ich habe Dich gesehen und Du warst so ganz anders als die anderen deutschen Frauen. Du wolltest keinen Schmuck von Deinem Mann und wirktest so verletzlich zwischen all diesem Reichtum. Du hast mich ein bisschen verzaubert und ich wollte Dir eine kleine Freude machen. Ich würde mich freuen, wenn Du mir zurückschreibst.“
Ich habe ihm bisher nicht geantwortet, aber jetzt schwirrt dieser Mann seit Tagen in meinen Gedanken herum. Es ist nicht so, dass ich mit meinem Partner unglücklich wäre, aber nach 12 Jahren Beziehung hat wie so oft der Alltag die Romantik besiegt und das ist ja genauso meine Schuld wie die meines Partners. Was mich nachdenklich macht ist die Tatsache, dass ich diesen mir unbekannten Mann nicht vor den Kopf stoßen will, dabei weiß er ja, dass ich vergeben bin.
Ob das ein Bezness-Versuch ist, kann ich nicht beurteilen. Eine Freundin von mir hat mal eine Zeit lang bei einem Juwelier gearbeitet und meinte, die Ohrringe seien nicht besonders gut verarbeitet, aber das Material sei schon hochwertig und sie seien so um die 150,- € wert. Also ist dieser Mann entweder nicht bettelarm, oder er beklaut seinen Arbeitgeber.

Also unterm Strich weiß ich gar nicht, ob ich in diesem Forum hier überhaupt richtig bin, deswegen schimpft bitte nicht mit mir. Vielleicht könnt Ihr mir einfach ein bisschen den Kopf waschen, damit ich keinen Mist mache.
Vielen Dank vorab an alle, die das hier gelesen haben und sich eventuell sogar zu Wort melden.