Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

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nele
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Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

Beitrag von nele » 29.10.2022, 08:21

Er ist Gambianer, Moslem und wohnt in Spanien.
Ich hatte ihn einmal dort besucht und er mich auch einmal…dann stagnierte die Beziehung. Ich sah keine Zukunft da die Entfernung zu weit war und alles viel zu verrückt.
Es war so, dass dieser Mann, er war 37 Jahre alt, in Palma de Mallorca in einer winzingen Wohnung mit noch zwei anderen lebte. Eine WG halt. Sein Zimmer war winzig und er hatte quasi nichts. Null Luxus. Gerade ein Bett und einen Schrank.
Um zu arbeiten fuhr er jeden Tag 45 Minuten mit dem Bus in eine andere Stadt. Es war eine Partystadt. Hunderte, vor allem junge englische Touristen, kamen dorthin um zu feiern. Er konnte dort sowohl als Dj arbeiten als auch als „illegaler“ Strandverkäufer tagsüber oder in den Gassen der Stadt.…Brillen, Ketten und anderes verkaufte er. Auch einige andere Jobs daten sich für ihn auf. Mit einem Wort, er machte von April bis Oktober ziemlich viel Kohle….auch soviel, dass er den Winter ohne Arbeit dort leben konnte. Er war sehr religiös. Betete mehrmals täglich usw. Hatte aber kein Problem mit mir einfach so Sex zu haben, also wohl doch nicht so religiös. Er meinte wenn wir zusammen blieben wolle er aber muslimisch heiraten.
Naja, aufjedenfall hat er sein ganzes verdientes Geld regelmäßig an seine Famile in Gambia geschickt. Die Mutter war schon gestorben aber der Vater lebte noch und er hatte 6 Geschwister, allesamt jünger als er. Er war der Älteste und sah es als seine Pflicht für die Familie in Gambia zu sorgen. Er sagte mir, das manchmal die jüngeren Brüder immer fordern und Dinge haben wollen. Mittlerweile sind die auch schon über 20 Jahre alt. Auf meine Frage was die machen und warum die nicht selbst arbeiten gehen. Meinte er. "Sie tun ihr Bestes". Angeblich hat er auch 2 Kinder unten von 2 Frauen wobei er mit beiden nichts zutun hat und bei der einen nichtmal sicher ist ob es sein Kind ist. Denen schickt er angeblich ab und zu was aber seinem Vater, den Brüdern und Schwestern regelmäßig. Was ich dabei irgendwie traurig finde ist. Dass, er dort in Spanien lebt wie ein Hund. Er sparrt sogar bei sich am Essen nur damit er runterschicken kann. Das ist ihm das allerwichtigtse und das allerheiligste. Er meinte wenn er nicht runterschicken würde wäre er mittlerweile ein reicher Mann.Er ist auch ständig am Handy und alle wollen etwas von ihm. Ich nehme an, dass eben weil er soviel runterschickt er als dort in Gambia als „King“ angesehen wird und das wiederum sein Leben hier erdräglicher macht. Er sagte auch gleich zu Anfang, dass er keine Kinder hier in Europa haben will. Ich nehme an weil er sonst für das Kind Geld zahlen müsste und nicht mehr alles runterschicken könnte.
Er ist mit dem Ziel hergekommen möglichst viel Geld zu machen und runterzuschicken. Und das macht er auch. Ich denke, die meisten kommen mit diesem Gedanken her und nehemn dabei alles mit was sich ihnen in den Weg stellt oder sich anbietet und dazu gehören europäische Frauen die ihnen Geld geben, sie in der Zeit wo sie hier arbeiten und das Geld runterschicken, ihren Alltag ein wenig versüßen indem sie entweder in einer Art Beziehung mit ihm sind oder für ihn kochen und für ein wenig Sex usw. Manche sind da skrupeloser als andere aber wo sich eine Gelegenheit bietet wird nicht lange gefackelt.

Dieser Mann hat mir ehrlich erzählt und das fand ich irgendwie beeindruckend. Er sah es als ganz normal an hier in Europa, all das mitzunehmen was geht, denn schließlich sei er ja dafür gekommen und wenn sich ihm eine Gelegenheit bietet, die Geld abwirft, egal um was es sich handelt ist er dabei. Es ist ihm egal welche Gefühle er dabei verletzt, weil schließlich macht das Gegenüber mit. Solange das Gegenüber mitmacht hat er kein schlechtes Gewissen. Was er nie machen würde, so sagte er, sei es jemanden gegen seinen Willen abzuzocken. Das bedeutet für ihn "mit Gewalt". Also Gewalt ist für ihn nicht ok.
Aber, dass Abzocke auch emotionale Gewalt sein kann das sieht er nicht.
Ich habe versucht ihm zu erklären, dass wenn er Leute hintergeht oder belügte nur für seinen eigenen Vorteil das auch kriminell ist aber das sah er übehaupt nicht so.
Er sagte mir wie er z.B. die Touristen dazu bringt von ihm was zu kaufen. Er hat da so Tricks sagte er mir. Auch sein Vater hat angeblich einen kleinen Laden in Gambia und verdient seit Jahrzehnten Geld mit den Touristen. Das heisst er weiß wie die Touristen zu behandeln sind. Und er hat mir auch erzählt, dass die anderen Afrikaner dort auch die Touristen in der Nacht z.B am Strand oder in den Discos beklauen würden, aber er täte das nicht.
Ich war eben einmal für 5 Tage dort auf Urlaub und wir waren zusammen die ganze Zeit.
Er erzählte mir quasi aus dem Nähkästchen viele Dinge und ich war sehr erstaunt, denn mir wurde nun einiges klar, wie er und die anderen dort lebten oder überlebten. Als wir durch diese Partystadt gingen egal ob am Vormittag oder Abends, alle grüßten ihn, jeder kannte ihn, jeder freute sich ihn zu sehen. Die ganzen Geschäfte und Imbisse dort wurden von Arabern, Türken, Tunesier usw. geführt. Ich denke die ziehen dort alle zusammen unglaubliche Dinge ab. Auch z.B hatte mein Freund kein Bankkonto. Er meinte das brauche er nicht. Da öfter Polizeikontrolle stattfanden weil er ja nicht Sachen einfach so am Strand verkaufen durfte hatte er schon einige Strafzettel kassiert die er natürlich niemals vor hat zu bezahlen. Wenn er also kein Bankonto hat könne man ihn auch nicht pfänden. So deponiert er sein verdientes Geld bei einem Mann in einem dieser Geschäfte und wenn er es braucht holt er es sich einfach. Also ist das Geschäft seine Bank. Natürlich verwendet der Mann in diesem Geschäft sein Geld einstweilen. So und nicht anders funktioniert das Leben mancher (natürlich sicher nicht aller) Afrikaner hier in Europa. Es geht einzig und allein darum, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel Geld zu vedienen. Als ich dort war bekam er auch gerade sienen unbefristeten Aufenthalt da er schon sehr lange dort lebte. Er bekam auch des öfteren auch angeblich Angebote z.b in einem Hotel als Küchenhilfe zu arbeiten aber das war ihm nicht genug Verdienst und außerdem müsse er da jeden Tag hingehen und er sieht sich so als Sklave. Er möchte frei sein und entscheiden wann er sich zur Arbeit aufmacht und wann und wieviel er arbeitet. Freiheitslibend also auch noch.
Als ich dort war nahm er mich zu seinem Onkel, Tante und deren drei Teenagerkinder mit. Wir aßen zusammen. Sie waren sehr nett zu mir.
Er dachte wahrscheinlich, dass wir jetzt zusammen sind und erhoffte sich, so glaub ich, in den Wintermonaten wo er dort nichts verdienen konnte hier zu mir zu kommen um vielleicht hier etwas Geld zu machen.

Aber daraus wurde nichts denn mir war das alles viel zu verrückt.

gadi
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Re: Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

Beitrag von gadi » 29.10.2022, 10:10

Danke für diese Einblicke, liebe Nele.

Vielleicht magst du deinen Text ja auch für die Wahren Geschichten zur Verfügung stellen? Ich finde, er würde sehr gut passen.

Was mir auffällt aus deinen Zeilen ist, dass sie es sich eben schönreden. Emotionale/psychische Gewalt zählt nicht. Dass die Opfer nicht nur seelisch, sondern oft auch körperlich krank werden, zählt auch nicht. Das heißt, man weiß sehr wohl dass man unrecht tut, beschäftigt sich gedanklich viel damit, und holt sich dann aber die "Absolution" derart dass man den Opfern die Schuld gibt (die machen ja mit) und sich selbst von Schuld freispricht (keine körperliche Gewalt).
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nele
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Re: Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

Beitrag von nele » 29.10.2022, 12:47

gadi hat geschrieben:
29.10.2022, 10:10
Danke für diese Einblicke, liebe Nele.

Vielleicht magst du deinen Text ja auch für die Wahren Geschichten zur Verfügung stellen? Ich finde, er würde sehr gut passen.

Was mir auffällt aus deinen Zeilen ist, dass sie es sich eben schönreden. Emotionale/psychische Gewalt zählt nicht. Dass die Opfer nicht nur seelisch, sondern oft auch körperlich krank werden, zählt auch nicht. Das heißt, man weiß sehr wohl dass man unrecht tut, beschäftigt sich gedanklich viel damit, und holt sich dann aber die "Absolution" derart dass man den Opfern die Schuld gibt (die machen ja mit) und sich selbst von Schuld freispricht (keine körperliche Gewalt).

Gerne kann man es für die wahren Geschichten benutzen. Wie geht das?

Ja genau und da liegt das Problem. Er sieht es nicht als falsch an. Er zwingt ja niemanden sonder ist halt geschickt im " Dinge und Geld aus Leuten herauszulocken". Ein Buisenessmann eben. Er ist sogar stolz darauf.
Er sagte selbst er macht Business.
Er sieht die Menschen also nicht als Menschen sondern als Objekte.

gadi
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Re: Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

Beitrag von gadi » 29.10.2022, 13:01

nele hat geschrieben:
29.10.2022, 12:47
Gerne kann man es für die wahren Geschichten benutzen. Wie geht das?
Hier wäre die Vorgehensweise näher beschrieben, Nele:
https://www.1001geschichte.de/unsere-wa ... schichten/
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AnnaAn
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Re: Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

Beitrag von AnnaAn » 30.10.2022, 04:39

Wie gut, dass das so im Sande verlaufen ist und du da raus bist. Das liest sich wirklich sehr übel und definitiv nicht nach "Beziehungsmaterial".

Rubinrot
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Re: Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

Beitrag von Rubinrot » 31.10.2022, 18:20

Hi, bitte nicht in den falschen Hals bekommen, aber es heißt richtig "er ist Gambier" nicht Gambianer.....
Ja, und ich kenne dieses Verhalten auch sehr gut.
Gruß
Sage nicht immer was Du weißt, aber wisse immer was du sagst!

nele
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Re: Aus dem Nähkästchen eines Gambianers.

Beitrag von nele » 31.10.2022, 19:04

ups das wusste ich garnicht....ok also Gambier. :)

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