SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Austausch über gemachte Bezness - Erfahrungen in diesem Kontinent

Moderator: Moderatoren

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 20.03.2010, 15:18

Liebe Frauen,

ich bin neu hier und im "klassischen" Sinne nicht von Bezness betroffen. Zumindest nicht im Sinne langfristiger emotionaler und finanzieller Einbußen.
Nichtsdestotrotz möchte ich euch über ein ausgesprochen unschönes Erlebnis informieren, weil es zum einen sehr gut in das perfide Beznesserschema passt, zum anderen sich meinerseits der Verdacht einer neuen Masche (bzw. Wiederholungsgefahr) aufdrängt.
Falls von euch, den Moderatorinnen/Adminas gewünscht, schildere ich - ohne eine separate Geschichte (Bericht) zu verfassen- chronologisch kurz hier, was sich zugetragen hat.

Grüße
Lisboa

Renate
Beiträge: 1888
Registriert: 12.03.2008, 16:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Renate » 20.03.2010, 15:46

Hallo Lisboa,

herzlich willkommen im Namen des Teams 1001Geschichte.
Wir wünschen Dir einen guten und informativen Austausch.



Renate
Nein - ich gebe niemals auf, auch wenn es noch härter kommt!

Micky1244
Beiträge: 2930
Registriert: 29.03.2008, 11:55

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Micky1244 » 20.03.2010, 15:49

Hallo Lisboa,
auch von mir ein herzliches Willkommen.
Du kannst gern dein unschönes Erlebnis hier aufschreiben.
Liebe Grüße, Micky


"Lass uns angeln gehen", sagte der Haken zum Wurm.
Isaiah Berlin: Die Freiheit der Wölfe ist der Tod der Lämmer.

Renate
Beiträge: 1888
Registriert: 12.03.2008, 16:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Renate » 20.03.2010, 15:52

Lisboa,

es ist immer wichtig Aufklärung zu betreiben.
Und zwar in allen Facetten die da nur möglich sind.
Ich denke schon, dass sich die Vorgehensweise Bezness zu betreiben ändert.
Hier ist es wichtig die eventuell "neuen Machenschaften" zu (er)kennen um notfalls richtig und sinnvol (re)agieren zu können.

Also nur Mut, schildere Deinen Bericht.

Gruß Renate
Nein - ich gebe niemals auf, auch wenn es noch härter kommt!

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 26.03.2010, 20:44

Herzlichen Dank für die netten Willkommensgrüße!

Sorry, dass ich mich erst jetzt zurückmelde, hatte in der Zwischenzeit einige Problemchen mit meinem Internetzugang.

Nun zum Sachverhalt:

Ich bin im Februar/ März 2010 zum 9. Mal in Sri Lanka gewesen. Und war bisher mit sofortiger Blindheit und Taubheit gesegnet, sobald ein Bursche mit und ohne Goldkettchen auch nur den Versuch machte, mich verbal und nonverbal einzubalsamieren à la:
How are you?/ What is your name?/ First time in Sri Lanka? / How long do you stay?/Are you married? Your eyes are so beautyfull…”
Dies jetzt bitte (ein Dankeschön hierfür schon im Voraus ;-)) nicht als überhebliche Attitüde missverstehen. Aber ich glaubte bis dato ganz gut im Bilde zu sein, was sich dort, an der touristischen (Süd-)Westküste abspielen kann. Zudem hatte ich die ersten Male in diesem Land auch einiges an Lehrgeld an die Nepper-Schlepper- und Bauerfängerfraktion gezahlt. Nicht nur monetär, sondern auch in Sachen despektierlichem Umgang. Gegenüber mir als Gast und Frau.

Gut im Bilde sein. Tja, ich sollte mich täuschen. Den mit K, dem Koch hatte ich nicht gerechnet.

Teil 1

15 Tage Schwimmen und Schnorcheln in Sri Lankas beliebter Badebucht Unawatuna, die restlichen Zeit ayurvedisch in einem Hotel in Flughafennähe. So sollte meine Auszeit vom kruden europäischen Winter aussehen.
Die darauf folgenden drei Tage verbrachte ich mit guter Lektüre, Schnorchelausflügen und meiner Leidenschaft: dem Pflügen durchs Wasser. Endlich wieder als Fisch unter Fischen. Das Strandlokal, der Fixpunkt meines Landgangs, war nicht meine erste Wahl. Auf den ersten Blick wirkte es leicht verschmuddelt, verschmaucht und „everything a bit out of time“, wie es eine Dame aus Großbritannien auf meiner Nebenliege freundlich formulierte.
Das „Happy banana“ linkerhand und ebenso das „Lucky tuna zur Rechten waren zwar um einiges einladender. Nur: Die Schattenplätze unter den Bäumen waren dort bereits belegt. Von europäischen Blassgesicherten, die im Vergleich zu meiner Blassgesichtigkeit aber immerhin schon einen ersten Schimmer hatten.

Am dritten Tag trat K. der Koch aus seiner Kombüse und damit in mein Blickfeld. Oder besser gesagt erstmal in den Schatten meines Blickfeldes.
Denn ich bemerkte zunächst gar nicht, dass sich jemand zweites in mein Buch vertieft hatte. Ein Sachbuch über Erdgeschichte, Kontinentaldrift der letzten 600 Millionen Jahre.
„Das sieht man doch auf den ersten Blick, dass die Kontinente mal zusammengehört haben.“
Eine Hand deutete auf die Umrisse von Westafrika und Lateinamerika.
Ich dachte: Oha.
Später nur: Zum rechten Zeitpunkt das richtige hineininterpretiert.
„Hallo, ich bin K. der Koch, Getränkemixer, Einkäufer.“ Ein richtiger Allrounder eben. Er streckte mir die Hand entgegen: Schön, dich kennenzulernen,
Ja, Geologie, dass sei schon eine interessante Materie. Das habe ihn auch schon immer fasziniert. Im Übrigen: Er sei aus Matara und pendle jeden Tag hierher nach Una.

K, wirkte einfach freundlich. Vor allem wirkte er unverfänglich. Dezent erkundigte er sich, ob der bestellte Limejuice ohne Zucker nach meinen Wunsch sei, ich schnorchelnderweise besondere Fische entdeckt hätte, ansonsten machte er hin und wieder ein paar geistreiche Späßchen und launige Bemerkungen.
Dass er es denn doch nicht so mit den Erdwissenschaften hatte, wie es anfänglich schien, stellte sich schnell heraus. Aber ich war ja nicht in Sri Lanka, um mich mit jemanden über mein Hobby auszutauschen. Im Übrigen war ich froh, endlich ein bisschen Ruhe zu haben. Einsam, unbesucht und von allem abgetrennt, das war ich weder privat noch in meinem Job.

K, der Koch aber hatte längst Witterung aufgenommen. Und: Er schien vor allem längst begriffen zu haben, dass ich kein Interesse an einem Urlaubsflirt hatte.

Eines Vormittags, die zweite Urlaubswoche war angebrochen, kam ich an den Strand mit Textileinkäufen aus Galle, der nächst größeren Stadt. K, der Koch, begrüßte mich freundschaftlich, nahm meine Tüte in Augenschein:
Schönes Design, qualitativ gute Baumwolle.
Ich entgegnete, dass ich mir daraus, hier, in Una bei einer Schneiderin drei Tuniken nähen lassen wollte. Seine Schwester sei eine gute Schneiderin, wenn ich möchte, könne auch sie Maß an mir nehmen.
Meine Antwort: Okay. Heute aber nicht mehr, morgen auch nicht, da ich dann in Mirissa sei.
Was ich denn für ein Tuc Tuc nach Mirissa zahlen würde?, wollte K wissen.
Ich hatte mich zuvor bei mehreren Fahrern in Una erkundigt: „1400 Rupien pro Fahrt“.
K runzelte die Stirn.
Mit dem Bus sei das doch allemal billiger. Er werde sich übermorgen frei nehmen und die Tüte mit den Stoffen könne ich gleich mitnehmen. Er werde mich nach Mirissa begleiten, fahre dann nach Matara weiter. Wenn ich Lust hätte, möge ich doch mitkommen, seine schneidernde Schwester sei ohnehin zu Hause. Und seine Mutter freue sich, uns zu bekochen .

Normalerweise hielt sich meine Freude über Einladungen zu Hausbesuchen in Grenzen. Zumindest in Sri Lanka. Klingt böse und hart. Ist aber nur Selbstschutz. Denn in den allermeisten Fällen gilt diese Kontaktaufnahme als Anbahnung eines zukünftigen, speziellen Sponsorships. Für Luxusgüter.

Nun, bei K, dem Koch hatte ich ja nichts zu befürchten.
Während unseres Zwischenstopps in einem Lokal direkt am Anfang der schnuckeligen Bucht von Mirissa erkundigte er sich,
ob ich nicht auch der Meinung sei, dass platonische Freundschaften im Leben eine größere Bedeutung haben können als so manche Beziehung oder Ehe.
Klar, antwortete ich.
K, der Koch legte nach:
Er habe sich selten so gut mit jemanden austauschen können wie mit mir. Er habe selten jemanden getroffen, mit dem er derart offen reden und lachen könne. Ob ich auch wisse, dass die Belegschaft an seinem Arbeitsplatz, dem Strandlokal in Una, mich genauso schätze? Aber sicher doch, wollte ich zurückfrotzeln. Bevor ich aber etwas erwidern konnte, deutete er
auf ein in die Felsen integriertes Lokal in Richtung Nordwesten. Dort habe er mal kurz gearbeitet. Leider wechselte der Manager, ein betuchter, aber ahnungsloser Inder, der von Gastronomie keinen müden Schimmer hatte. Er, K, der Koch quittierte daraufhin seinen Dienst.

An dieser Stelle kürze ich etwas ab. Meine Aufzeichnungen überschreiten schon jetzt deutlich den für den Forumsaustausch gebührlichen Rahmen.

Teil zwei folgt.

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 26.03.2010, 23:49

Teil 2

Von Mirissa stiegen wir in den Bus nach Matara (Dondra Head). K, der Koch bemerkte beiläufig, das er vor einigen Tagen sein Handy im Bus verloren hätte. Nun ja, nicht weiter schlimm, seine Familie wisse ja Bescheid, dass wir kommen würden. Es sei halt jetzt ein wenig umständlich mit der Kommunikation.

Der Familienempfang in Matara war herzlich. Die eine Schwester porträtierte mich mit einem Zeichenstift, die schneidernde Schwester nähte mir, nachdem wir uns über den Preis einig waren, noch ein nettes Gratis-Shirt oben drauf.

Die folgenden und letzten Tage in Una waren vor allem eines: unbeschwert. K, der Koch nannte mich inzwischen (zu meiner Erheiterung) nur noch sister.
Unser weiterer kommunikativer Austausch war ohne besonderen Tiefgang. Dennoch sehr nett, anregend und unterhaltsam.

Die Morgenstunden meines vorletzten Tages im Süden der Insel hatte ich mit einem Besuch des Maritimem Museums in Galle verplant.
„Schade“, bekundete er: „Ich würde gerne mitkommen, interessiert mich sehr, kann mir aber nicht schon wieder frei nehmen.“
Dafür habe er eine Bitte: Ich möge doch so nett sein, ihm ein Poloshirt aus Galle mitbringen. Er habe leider morgen nix Sauberes anzuziehen, da er spontan seinem Chef heute versprochen hätte, ihm nach Dienstschluss bei Renovierungsarbeiten in der Küche zu helfen und im Lokal übernachten werde.

Ich traf am frühen Nachmittag aus Galle ein und wunderte mich. Vom Inhaber, K’s Chef, der sonst um diese Zeit auf der Terasse saß, keine Spur. Auch von K, dem Koch selbst nicht. Sein Kollege aus dem Service grüßte mich verhalten. Die Stimmung schien irgendwie gedämpft.
Als ich aus dem Wasser kam, steuerte er mit geknickter Körperhaltung auf meine Liege zu.
Was denn passiert sei?
Ein paar Sekunden nur Schweigen. Ich drückte ihm die Tüte mit dem Poloshirt in die Hand. Er drehte sich wortlos um.
„Hallo?“
Langsam wandte er sich mir wieder zu, die Miene noch abgedunkelter als zuvor. Er habe gestern eine Auseinandersetzung mit dem Inhaber gehabt. Eine Auseinandersetzung, der ganz unerfreulichen Sorte. Er, der Chef habe ihm vorgeworfen, nicht genügend Engagement zu zeigen.
„Und die Renovierungsarbeiten nach Feierabend?“ fragte ich
„Eben“, antwortete er tonlos.
Ob nicht eine nochmalige Unterredung mit dem Cheffe sinnvoll wäre?
Ausgeschlossen, das Tischtuch sei sinngemäß endgültig zerschnitten. Er müsse sich nicht beschimpfen lassen. Wer er denn sei, dass man so mit ihm umginge?

Ich schöpfte keinen Verdacht.
Ich dumme Nuss. Stattdessen schwankte ich in diesem Moment zwischen Mitleid und Verwirrung, war gleichzeitig etwas ratlos.
Er, K, der Koch werde sich etwas Neues suchen müssen. Und zwar umgehend. Eigentlich wolle er ja am liebsten in Matara, nahe seinem Elternhaus arbeiten. Denn in Unawatuna oder Mirissa sei es fraglich, schnell wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.
Aber vielleicht bestünde die Möglichkeit morgen mit mir Richtung Colombo mitzufahren?
„Sure, sure“, antwortete ich unreflektiert, selbst irgendwie umnebelt von der Tristesse, der plötzlichen und unerwarteten Wendung seiner Situation, dem Stimmungswechsel im Vergleich zu den vergangenen Tagen.
„Danke, sister du bist wirklich eine echte Freundin.“

Dass sich auch meine Stimmung bald radikal ändern sollte, ahnte ich den kommenden Morgen noch nicht. Pünktlich auf die Minute erschien K, der Koch um 8.00 Uhr zur Abfahrt mit dem von mir gecharterten Minibus. Es war wieder der gleiche zurückhaltende, nette Fahrer, der mich schon vom Flughafen abgeholt hatte. K, der Koch, der beim Einsteigen noch sehr verhalten wirkte (ich interpretierte dies als Ausdruck seiner ungewissen Situation), wurde mit jedem gefahrenen Kilometer kregler. Er scherzte mit dem Fahrer, unterhielt sich mit ihm angeregt über Automarken, lachte, stellte Fragen, eröffnete ein Gesprächsthema nach dem anderen.
Gute zweieinhalb Stunden später, wir näherten uns dem Küstenort Wadduwa bat K, der Koch, ihn offenbar, einen kleinen Umweg ins Landesinnere zu machen. Warum, begriff ich noch nicht. Die beiden unterhielten sich in singhalesisch, dessen ich, mal abgesehen einiger bescheidener Redewendungen und Vokabeln, nicht mächtig war.
Zwischendurch hielten wir an, abwechselnd streckte der Fahrer, dann K, der Koch, den Kopf aus dem Fenster. Sie erkundigten sich nach irgendetwas. Ich saß eine Sitzreihe hinter ihm, tippte ihn an.
Nach was, das würde ich gleich sehen, bedeutete mir K, der Koch auf meine Nachfrage. Noch ein bisschen Geduld, gell sister?
Der Minibus rumpelte eine ganze Weile über eine mit Schlaglöchern besähte Sandpiste. Ein Dorfbewohner bedeutete uns, dass der Weg in eine Sackgasse führe. Wir steuerten wieder Richtung Westen auf die Hauptsraße zu. Abermals hielt der Wagen, wieder fragte der Fahrer nach dem Weg.
Schließlich kamen wir nördlich von Wadduwa, an der Küste zum Stehen. Ein Strandabschnitt wie ein Postkartenidyll. K, der Koch ließ sich von einem Einheimischen den Extrakt mehrerer Kokosnüsse in eine Flasche füllen. Ich verstand nicht, wir hatten doch zwei Flaschen Wasser dabei.
K, nahm genüsslich einen Schluck.
„Das habe ich jetzt gebraucht“, sagte er grienend.
Das Grienen suggerierte mir: Da fällt eine Maske. Eine Charaktermaske?
Ich merkte, dass in mir zwar nicht Wut, aber eine beachtliche Ladung an Unmut hochkroch.
„Entschuldige K, warum konntest Du diesen kleinen Umweg von fast einer Stunde nicht vorher mit mir abstimmen, zumal wir noch ein paar Fahrtstunden vor uns haben?“
„I’m sorry, sister” erwiderte K, der Koch „really sorry“. Eine belustigende Tonspur mischte sich in seine Worte.
Der Fahrer lächelte gequält.
Wir stiegen ein, die Fahrt ging Richtung Norden weiter. K, der Koch setzte seine angeregte Unterhaltung mit dem Fahrer fort. Nach kaum einer dreiviertel Stunde kündigte er an, er habe einen Riesenhunger. Ich verwies auf das (vegetarische) Lunchpaket, dass mir die Inhaber meiner Unterkunft in Unawatuna mit auf die Reise gegeben hatten.
„No, thanks.“
Im gleichen Atemzug öffnete K, der Koch seine Brieftasche, in der sich lediglich ein Hundertrupienschein befand. Er hielt die Brieftasche vor mein Gesicht. Ich möge ihm Geld geben für einen nicht vegetarischen Imbiss.
Aus meinem Unmut entwickelte sich Wut. Leider kein Mut, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Jetzt, wo der Wagen abermals auf Geheiß Ks, dem Koch zum Stillstand kam. Mut dieses Früchtchen, irgendwo in einem Vorort von Colombo stehen zu lassen und einfach weiterzufahren.
Ich brachte den Mut einfach nicht auf, auch oder gerade weil mir jetzt bewusste wurde, dass K, der Koch den Fahrer längst eingeseift hatte. Wie mich. Wie viele andere Personen zuvor.
„Sister, alles klar?“ Die letzten beiden Worte sagte er auf deutsch.

Wir fuhren durch den 9. Bezirk Colombos, da bat K, der Koch den Fahrer, sich dessen Handy auzuleihen zu dürfen. Der Wagen hielt. K, der Koch stieg aus und bald wieder ein.
Leider, leider, leider. Die Person aus dem Familienumfeld sei nicht erreichbar gewesen. Er kenne aber noch jemanden in Maravila, ein paar Kilometer nördlich meines Ortes, wo sich mein ayurvedisches Hotel befand. Wir erreichten das Dorf Waikkal, mein Ziel.
Nachdem das Gepäck ausgeladen wurde, der Fahrer sich Richtung Südküste wieder auf den Weg machte, blies K, der Koch ein paar kunstvolle Rauchkringel seiner vom Fahrer erschnorrten Zigarette in die Luft.
Dann ging er auf mich zu.
„Du gibst mir jetzt sofort 30.000 Rupien“.
Die Art, wie er es sagte, unterschied sich kaum vom Tonfall seiner Bemerkung vom Vortag: Danke, sister Du bist eine wirkliche gute Freundin.
Ich sah ihn lange an. Und schwieg. Sein Ton wurde eisiger: „Ich glaube, ich muss mal mit Deinem Vater reden.“
Ich starrte ihn an.
„Du gibst mir jetzt sofort 30.000 Rupien und ich verschwinde“, wiederholte er.
Ich drehte mich um, steuerte auf den Eingang meiner Unterkunft zu. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich alle Mühe hatte, das Gepäck hinter mir herzuziehen. Meine Hände zitterten wie Espenlaub.
Mir war klar, dass ich die restlichen Tage meines Urlaubs nur innerhalb der Hotelmauern zubringen werde.
Und ich war froh, als ich am Abend des 11. März wieder im Flieger saß. In Richtung Nordwesten, rein in die letzten Atemzüge des kruden europäischen Winters.

Micky1244
Beiträge: 2930
Registriert: 29.03.2008, 11:55

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Micky1244 » 27.03.2010, 09:07

Liebe Lisboa,
du hast sehr ausführlich und anschaulich geschildert, was du in SL erlebt hast.
Was ich nicht verstanden habe ist der Schluss.
Er verlangt einfach 30 000 Rupien von dir, gibt es in SL keine Polizei, hättest du ihn nicht anzeigen können?
Er schafft es, dir den Rest des Urlaubs zu verderben, indem du dich nicht mehr frei draußen bewegen magst.
Was hat dir solche Angst gemacht? Und warum konntest du dich nicht wehren?
Am besten ist es wahrscheinlich, wenn man die Kontakte
zu Einheimischen auf das Allernotwendigste beschränkt. Diese Sister-Gerede von ihm war schon zu viel.
Die Einheimischen haben einen riesigen Heimvorteil, logischerweise. Du wirst sicher nun gelernt haben,
Vertraulichkeiten,
die nicht gut sind, gleich von Anfang an entschieden zurückzuweisen.
Liebe Grüße, Micky


"Lass uns angeln gehen", sagte der Haken zum Wurm.
Isaiah Berlin: Die Freiheit der Wölfe ist der Tod der Lämmer.

Efendi II
Beiträge: 4891
Registriert: 04.04.2008, 21:59

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Efendi II » 27.03.2010, 13:19

Nach nunmehr 30jähriger Sri lanka Erfahrung, glaube ich daß es ein großer Fehler ist anzunehmen, solchen Leuten wie einem/diesen Koch auf Augenhöhe begenen zu können.
Gerade Sri Lanka, wie Asien allgemein ist sehr hierarchisch geprägt und da "schickt" es sich einfach nicht, sich mit "Dienstboten" gemein zu machen.

Sicherlich fällt es einem Deutschen /Europäer schwer, sich solchen antiquierten Verhaltensweisen aus der Kolonialzeit anzupassen. Für uns sind alle Menschen gleich, unabhängig von Kaste, Herkunft, Religion oder Beruf. In Sri Lanka sieht man das allerdings (noch) etwas anders und es war für mich auch ein langer und oftmals schmerzhafter Umdenkungsprozess das zu lernen und zu begreifen.

Von meiner (srilankischen) Frau bin ich (und werde) immer wieder darauf hingewiesen, daß es eben nicht "schicklich" ist, sich mit Dienstboten und dazu gehört ein Koch nun mal, auf eine Stufe zu stellen.

Das mag alles sehr arrogant und überheblich rüberkommen, für unser Menschenbild nicht passen, aber ebenso funktioniert die Gesellschaft dort. Was für uns (zumindest hier in Europa) selbstverständlich ist, wird dort anders empfunden.

Durch die Aufgabe der Distanz kommt es dann leider des Öfteren zu solchen Auswüchsen.
Toleranz ist die letzte Tugend einer untergehenden Gesellschaft.
- Aristoteles -

Haram
Beiträge: 2156
Registriert: 31.10.2008, 04:31

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Haram » 27.03.2010, 14:13

Und gerade als Frau sollte ( muss ) man in solchen Ländern Distanz wahren.

Gruss
haram
Die grösste aller Kampfkünste ist Jura

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 27.03.2010, 15:49

Hallo Micky,

danke für Deine Rückmeldung.

Mit der Polizei ist es in Sri Lanka so eine Sache. Mein persönlicher Eindruck: korrupt bis in die Haarspitzen.
Ich habe da so meine eigenen Schlüsse ziehen können. Etwa vor zwei Jahren in Bentota, vor dem Eingang eines großen Hotels: Da stand ein ganzer Trupp motorisierter Polizisten mit einigen Tuc Tuc-Fahrern in fröhlicher Runde zusammen. Alle tranken Arrack. Einer der Fahrer prostete mir lallend im Vorbeigehen zu: Hey, you can see policemen are my very best friends.

Vor einem Jahr war ich mit einem Freund auf dem Weg nach Koggala. An einer Biegung beobachten wir, wie ein Motorradfahrer zwei Polizisten ein paar Scheine übergab, die sofort in den verbeamteten Hosentaschen verschwanden. Unser Tuc-Tuc-Fahrer kommentierte die Szene in Deutsch wie folgt: "Polizisten verdienen auch wenig. Muss man ab und zu ein gutes Trinkgeld geben, damit man weiterfahren kann." :lol:
Vor drei Jahren kam ich mit einer Holländerin ins Gespräch, die als Radfahrerin unschuldig in einen Unfall mit einem Motorrollerfahrer verwickelt wurde. Schnell hatte sich am Unfallort ein erregt palavernder Mob gebildet. Die herbei gerufene Polizei machte kurzen Prozess: Sie, die Holländerin trage die alleinige Schuld und habe den (einheimischen) Motorrollerfahrer auf der Stelle zu entschädigen.

Sicher, Micky, hätte ich trotzdem souverän oder cool reagieren können nach dem Motto:
Wenn du mir so kommst Burschi, mich versuchst zu nötigen, dann wird es für dich unmittelbare Konsequenzen haben.
Nur: Ich war in diesem Moment völlig perplex, völlig gelähmt. Und ja, auch eingeschüchtert.
Denn wenn sich jemand wie K, der Koch, derat virtuos verstellen kann, innerhalb kurzer Zeit sein wahres (Gauner-)Gesicht zeigt, wie berechenbar ist dann dessen Reaktion auf ein unerschrockens Auftreten?
Ja, ich hatte, während ich ihm den Rücken zukehrte, tatsächlich Angst. Angst, dass mich dieses Früchtchen noch auf den letzten paar Metern tätlich angreifen wird, um an seine 30.000 Rupien zu kommen.

An der Rezeption spielte ich gedanklich durch, was mich erwarten würde, wenn ich tatsächlich die Polizei rufen würde:
Allerdings: Wie hätte ich erklären sollen, dass ich K, den Koch einfach so, gewissermaßen als Freundschaftsdienst, im Minibus mitgenommen habe?
Und wäre die Polizei seiner habhaft geworden:
Ich war mir in diesem Moment sicher, dass er mühe- bzw. skrupellos irgend ein G'schichterl erfunden hätte.
Und ich, die blöde Suddi-Weißnase, mich am Ende
noch hätte rechtfertigen müssen.

@ Efendi: Du hast mit jeder Zeile vollkommen Recht!
Der entscheidende Moment in Sachen Aufgabe der Distanz war ja, dass sich K, der Koch zunächst ausgesprochen höflich, situiert, vor allem aber als nicht auf den Kopf gefallen präsentierte. Verhinderter Studi, sozusagen. Im Gegensatz zu vielen anderen Figuren am Strand.
Eine weitere vertrauensbildene Maßnahme seinerseits bestand ja auch darin, mit durchaus geistreichen und humorvollen Bemerkungen zu glänzen bzw.glänzend zu täuschen. Freundliche Zurückhaltung zu üben. Auch im Gegensatz zu vielen Strandfiguren, bei denen ich so manches Mal als Frau - ob des einpökelnden Verbal-Gezülzes - sofort ein schlechtes Gefühl in der Magengrube bekam.

Grüße
Lisboa

Efendi II
Beiträge: 4891
Registriert: 04.04.2008, 21:59

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Efendi II » 27.03.2010, 17:18

Das die Polizei in vielen Ländern korrupt ist, dürfte nicht ganz unbekannt sein. Das sollte doch niemanden mehr überraschen.
In vielen Ländern ist bei Unfällen immer der Ausländer schuld, weil bei ihm am ehesten etwas zu holen ist.
Wäre er nicht ins Land gekommen, dann wäre der Unfall nicht passiert, so deren einfache Logik.

Deshalb werde ich auch den Teufel tun und mich dort an das Steuer eines Fahrzeuges zu setzen, zumal ein Fahrzeug mit Fahrer immer preiswerter zu haben ist, als als Selbstfahrer.

Als Ausländer sollte man sich bei irgendwelchen Schwierigkeiten auch nicht an die Ortspolizei, sondern immer an die Touristenpolizei wenden. Die besteht seltener aus Personen, die mit Ortsansässigen verwandt oder befreundet sind und sind m.W. auch besser geschult und ausgebildet.

Der Begriff "Freund" hat ohnehin in Sri Lanka einen völlig anderen Stellenwert als hierzulande, dort bezeichnet Dich schon ein Taxifahrer als Freund, wenn Du einmal mit ihm gefahren bist und er sich an Dein Gesicht erinnert.

Man sollte sich stets darüber im Klaren sein, daß Worte, Gesten und Verhaltensweisen dort eine völlig andere Bedeutung haben und auch anders gewertet werden.

So ist z.B. das permanente Lächeln der Einheimischen gegenüber unsw, den Fremden nicht unbedingt als Freundlichkeit oder Kontaktanbahnung zu beurteilen. Es bedarf schon einer intensiven Beschäftigung mit der dortigen Mentalität, um deren Sinn und Hintersinn richtig zu deuten. Das würde ich auch nach mittlerweile 30jähriger Erfahrung noch nicht von mir behaupten wollen.

Je distanzierter sich der Weiße dort benimmt, umso höher ist sein Ansehen. Fraternisierungen schaden seinem Image und führen zu bösen Überraschungen.

Viel zum Gesichtsverlust der Touristen haben natürlich auch diejenigen Damen beigetragen, die man dort in Begleitung von u.U. halb so alten jungen Männern bewundern kann. Die Bevölkerung in Sri Lanka ist im allgemeinen sehr prüde und vor- bzw. außereheliche Beziehungen werden nie in der Öffentlichkeit präsentiert. Natürlich übersieht man (vermeintlich) derartige Beziehungen, zumal man ja recht gut davon leben kann. Allerdings verabscheut die srilankische Gesellschaft auch diese Umtriebe und insbesonders die daran beteiligten Damen (den jungen Burschen sieht man diese Art des Gelderwerbs nach). Dadurch ist das Ansehen der Weißen allgemein erheblich beschädigt worden und man verhält sich ihnen gegenüber auch zunehmend aggressiver und fordernder, was vor zehn, zwanzig und mehr Jahren noch nicht so zu beobachten war.

Das schlechte Ansehen, eventuelle Übergriffe, unangemessene Erwartungen und daraus abgeleitete Forderungen haben sich die Touristen durch ihr Verhalten in der Vergangenheit und Gegenwart deshalb selbst zuzuschreiben, da dürfte auch nichts mehr daran zu ändern sein.
Toleranz ist die letzte Tugend einer untergehenden Gesellschaft.
- Aristoteles -

Haram
Beiträge: 2156
Registriert: 31.10.2008, 04:31

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Haram » 27.03.2010, 20:27

Bei der Anrede : Hallo my friend, drehe ich mich immer rechts und links um, und frage : Where is your friend ?

Gruss
haram
Die grösste aller Kampfkünste ist Jura

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 27.03.2010, 23:07

Wohl wahr, Efendi.

Freund bedeutet in erster Linie am Strand und auf der Straße : Jemand, der mir nützt. Eine Ausnahme von (diesem in unseren Augen seltsamen) Freundschaftsverständnis ist in Sri Lanka der (oft) westlich geprägte "Bildungsbürger". In der Regel aus Colombo, Kandy oder Matara.

Was ich nicht so ganz nachvollziehen kann, ist Dein "Fraternisierungsvorwurf".
Ist es (leicht überspitzt formuliert) :wink: wirklich so, dass sich (deutsche) Touris in Sri Lanka mit "Hallo, ich bin der Karli aus Karlsbad/ Hi, die Monimausi aus München" um die Gunst der Einheimischem bemühen?
Oder entspricht es nicht eher der Realität, dass man in SL mitunter ausgesprochen (psychologisch) geschickten Kommunikatoren begegnet, die eine eindeutige Reaktion (im Sinne einer unvernebelten Wahrnehmung) zumindest in den ersten Minuten erstmal ausschließen.

Nun, Efendi, Du schreibst, dass es Dir selbst nach drei Jahrzehnten in SL nicht gelungen sei, den mentalitätsbedingten (Hinter-)Sinn zu ergründen.
Ich hatte mitunter den Eindruck, dass es den Sri Lanki untereinander genauso geht. :mrgreen:

Und die gebührliche Distanz von der Du schreibst, ist meines Erachtens leider nicht realisierbar. Egal, ob allein oder zu zweit unterwegs, Du bist als reisender Sudu in Sri Lanka ( wie überall als reisender Ausländer auf der Welt) immer auf ein kommunikatives Level angewiesen, das den Austausch von Worten wie "Ja/Nein/In Ordnung/Nicht in Ordnung" übersteigt.

Was die ach so prüde Gesellschaft in Sri Lanka angeht: Mein bescheidener subjektiver Eindruck nach fast zehn Jahren ist eher, dass Doppelmoral eine große Rolle spielt. Blöd ist derjeinige verheiratete Mann, der keine Geliebte hat.

Auch Deine Beobachtungen hinsichtlich der älteren Damen aus Europa, die einen halb so jungen Singha an ihrer Seite haben, kann ich nicht teilen. Was natürlich nicht heißen soll, dass ich sie in Frage stelle. Bisher habe ich es allerdings in all den Jahren vielmehr so erlebt, dass Frauen (im geschätzten Alter von 18 bis 50 Jahren) in Sl in der Defensive waren.
Nach der Devise: Wann hört der Typ endlich auf, auf mich einzutackern?

Vielleicht hat es diesen Frauen, wie im Übrigen mir selbst, an energischer Tatkraft gemangelt.

Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn auch andere, erfahrene Forumsmitglieder wie (wenn ich's richtig erkannt habe) z. B. Janine, Lanka oder Naschkatze, ihre Erfahrungen schildern bzw. mir ihre Meinungen und Gedanken mitteilen würden.

Grüße
Lisboa

steckchen
Beiträge: 1632
Registriert: 01.08.2008, 18:03

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von steckchen » 28.03.2010, 16:39

Lisboa hat geschrieben: Oder entspricht es nicht eher der Realität, dass man in SL mitunter ausgesprochen (psychologisch) geschickten Kommunikatoren begegnet, die eine eindeutige Reaktion (im Sinne einer unvernebelten Wahrnehmung) zumindest in den ersten Minuten erstmal ausschließen.
...
Was die ach so prüde Gesellschaft in Sri Lanka angeht: Mein bescheidener subjektiver Eindruck nach fast zehn Jahren ist eher, dass Doppelmoral eine große Rolle spielt. Blöd ist derjeinige verheiratete Mann, der keine Geliebte hat.

Auch Deine Beobachtungen hinsichtlich der älteren Damen aus Europa, die einen halb so jungen Singha an ihrer Seite haben, kann ich nicht teilen.
Hallo Lisboa,

schöner Name übrigens, bist du aus Portugal oder machst dort gerne Urlaub? Würde ich auch zu gerne mal tun :D . Als ich mir Deine Geschichte durchgelesen habe, da ist es mir eiskalt den Rücken runtergelaufen. Du kannst übrigens verdammt gut erzählen, baust hübsche Vorwegspitzen ein, dann kommt wieder ein Verzögerungs-Hänger; mir schien, die Fahrt hört nie auf - also richtig spannend!

Deine Geschichte liest sich wie ein surrealistisches Road-Movie von Federico Fellini oder David Lynch. Vielleicht fragst du die beiden ja, ob sie aus Deiner Geschichte einen Film machen könnten :) Zur Fraternisierungsbemerkung von Effendi II: Ja, es ist schon so, daß in diesen besagten Urlaubsländern ja nicht so viele und breite Studienmöglichkeiten bestehen wie hierzulande bzw. es ist eine Frage des Geldes - mehr als bei uns. Und da kommt es schon vor, daß eigentlich intelligente Menschen doch niedere Arbeiten verrichten und sich der gemeine Tourist dann denkt, wenn diese Leute geistreiche Bemerkungen machen: Wäre er in Deutschland geboren, dann wäre er bestimmt jetzt Beamter oder Doktor wie ich. Und schon setzt die Fraternisierungs-Falle ein. Eigentlich gehen viele Hochstapler so vor: Sie suggerieren einem, daß sie aus dem selben Holz geschnitzt seien, auf der selben Wellenlänge segeln würden. Bei oberflächlicheren Menschen reichen sogar dieselben Markenklamotten. Und das fatale daran ist, daß sie sich nicht einmal so lange Mühe geben müssen, weil es immer der erste Eindruck ist, der beim Menschen nachhaltig haften bleibt und wenn der "Seelenbruder" sich dann plötzlich ändert, dann hofft Frauchen doch immer noch, daß irgendwann, wenn dies oder das eintreffen würde, er wieder ganz der alte werden würde, also der Anfangszustand wieder hergestellt wird. Aber natürlich ist die Hoffnung meist vergebens. Auf jeden Fall werde ich immer hellhörig, wenn jemand zu gut und zu schnell auf mich eingeht. Denn dann kann ich sicher sein, daß derjenige professionell Menschen "aufreißt".

Ich mache mir so meine Gedanken, was er eigentlich mit der ganzen Aktion bezweckt hat: Wollte er dir mit den zahlreichen Wegerweiterungen erst einmal demonstrieren, wer hier der Herr im Lande ist und dich damit Stück für Stück weichkochen für den großen Coup? Hat er, als er merkte, wie das Unbehagen immer mehr in Dir hochkroch, geglaubt, er könnte jetzt von Dir einen großen Batzen Geld erpressen? Aber eigentlich ist er doch ziemlich dumm gewesen. Wieso hat er dich nicht in eine entfernte Stadt oder ein Dorf gelockt, wenn er dich schon derart ausrauben wollte? Ich meine, so direkt vor dem Hotel, wo du logieren wolltest, da warst du doch eigentlich schon im sicheren Hafen, was hätte er denn da überhaupt zu erwarten gehabt. Ich hätte ihm auch kein Geld gegeben. Wahrscheinlich hätte ich losgeschimpft und im Gegenzug nach seinem Vater verlangt, nachdem er sich mit deinem Vater unterhalten wollte. Schon allein diese seine Forderung zeigt doch, wie naiv er eigentlich ist. Oder sind die Frauen in Sri Lanka etwa bis sie heiraten, formell dem Vater unterstellt?

Ich möchte gar nicht daran denken, wie viele Leute er vielleicht vorher mit dieser Masche übers Ohr gehauen hat. Er ist ja einfach dummdreist gewesen und war sich seiner Sache wohl ziemlich sicher. Eigentlich hast du noch ein Riesenglück gehabt, daß es vor dem Hotel passierte und nicht irgendwo im Dschungel oder am Strand. Aber da hättest du bestimmt nicht so einfach mal 30.000 Rupien dabeigehabt. Wenn er schon so bei Papi denunzieren wollte, könnte man dann nicht vielleicht das Hotel warnen, wo er bestimmt noch arbeitet? Ich denke nämlich, daß er sicherlich dort immer noch sein wird. Ich hoffe, Du hattest wenigstens doch etwas Erholung in den letzten Tagen.

Steckchen
Die Liebe vernachlässigt diejenigen am meisten, die ihrer am meisten bedürfen.
(Madame de Rosemonde im Film: Gefährliche Liebschaften (Regie: Stephen Frears) 1988

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 30.03.2010, 00:50

steckchen hat geschrieben:

Ich möchte gar nicht daran denken, wie viele Leute er vielleicht vorher mit dieser Masche übers Ohr gehauen hat.
Steckchen
.

Und ich bin mir sicher, dass der Bursche es auf diese oder eine ähnliche Tour weiter probieren wird.


Hallo Steckchen,

vielen Dank für deine netten Worte, Deine treffsichere Analyse!
Nein, ich bin keine echte Lisboeta, habe aber anderthalb Jahre in Lissabon gelebt.

Zu Deiner Frage bezüglich der Umwege/Irrfahrten vor dem Küstenort Wadduwa: Ich denke nicht, dass er diese zeitverzögernde Fahrerei absichtlich in die Wege geleitet hat. K, dem Koch kam einfach in den Sinn, dass er im Hier und Jetzt unbedingt dieses flüssige Zeugs aus der King Coconut trinken müsse und wohl der Meinung war, den Extrakt bei irgendwelchen Dorfbewohnern im Landesinneren zu bekommen. (Ich habe bis auf eine eher banal-süßliche Note nie einen großen Unterschied zu regulärem Mineralwasser ausmachen können).

Was mich sauer machte, war die Tatsache, dass er über sein Vorhaben kein Sterbenswörtchen verlor, vielmehr den Fahrer- wie ein kleiner plötzlich erstarkt-autarker Boss/Gernegroß - erstmal ins Landesinnere dirigierte.
Selbst wenn ich keine zwei Flaschen Wasser als Durstlöscher dabei gehabt hätte, wäre es doch - abendländisches Kulturverständnis hin oder her - meines Erachtens selbstverständlich gewesen, den Mitreisenden, in diesem Fall mich, über so ein Vorhaben zu informieren.
Tja, mich, die dumme Nuss, die ja letztendlich auch für diese
Fahrt zahlte.
An dieser Stelle greift zwar Efendis sinngemäße Aussage über "die bösen Überraschungen mit einheimischen Dienstleistern", aber eben nicht im Sinne einer bewussten Fraternisierung.
Bewusst wurde mir in diesem Moment zumindest: Diese Person hatte sich mir gegenüber virtuos verstellt. Demgemäß hatte K, der Koch ganz genau begriffen, wie weit er sich vortasten konnte. Ein unkalkulierbares Risiko wäre er eingegangen, hätte er vollends das Ruder übernommen. Also, Steckchen, wie Du ausführst, wenn er den Fahrer angewiesen hätte, das Nirgendwo der Vegetation als Endstation zu erklären.

Meine Aufzeichnungen sind hier (der besseren Lesbarkeit bzw. Aufmerksamkeitsspanne halber) etwas abgekürzt wiedergegeben:
K, der Koch war in jenem Strandlokal/Guesthouse in Unawatuna zum Zeitpunkt meiner Ankunft erst knapp drei Wochen beschäftigt, arbeitete zuvor in mindestens zwei weiteren Lokalen in Unawatuna/ Mirissa. Und stets kam es zum Bruch mit dem Vorgesetzten...

Ich machte mir zunächst keinen Reim darauf, schließlich ist ein schneller Arbeitsplatzwechsel - während der Probezeit - auch hierzulande mittlerweile gang und gänge... .

Nun, mein Verdacht ist im Nachhinein: K, der Koch dürfte mindestens in meinem Fall den Dissenz mit seinem Vorgesetzten willentlich provoziert haben.

Was den Einfluss der Familie bzw. des Vaters in Sri Lanka betrifft: Klar, die/der spielt dort- wenn auch auch nicht ganz so drastisch wie in Indien - immer noch bei wichtigen Entscheidungen eine erhebliche Rolle.

Grüße
Lisboa

Ines

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Ines » 31.03.2010, 17:48

Hallo Lisboa!
Echt spannend wie Du schreibst, schließe mich Steckchens Ansicht an.
Vor allem, was Du über die Orte geschrieben hast, vielleicht liebäugle ich nun doch mal mit Sri Lanka u. ayurvedischen Anwendungen. So ganz begriffen hab ich das mit K. dem Koch auch nicht, Du warst doch alleine da, soweit ich das herausgefunden habe, wie meinte er das mit Deinem Vater? Wieviel sind 30.000 Rupien umgerechnet überhaupt? Und warum hat er die Umwege gemacht überhaupt? Wollte er Dir damit zeigen, wer hier das Sagen hat? Und was sollte das mit dem Kokosnussgetränk? Warum wollte er eine platonische Beziehung? Hat er bemerkt scheinbar, dass Du Dich nicht mit ihm einlassen würdest? Ich kenne mich mit der SL-Mentalität überhaupt nicht aus u. deshalb frage ich das alles, weil es mich wirklich interessiert.
Auf Deine Antwort bin ich echt gespannt. Kannst Du mir vielleicht eine PN schicken in Bezug auf das Schnorcheln, was Du da alles gesehen hast? Ich kenne nun Ägypten und bin nun diesbzgl. neugierig.
LG Ines

Efendi II
Beiträge: 4891
Registriert: 04.04.2008, 21:59

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Efendi II » 31.03.2010, 18:36

Ines hat geschrieben:Wieviel sind 30.000 Rupien umgerechnet überhaupt ?
30.000 SLR sind nach heutigen Kurs etwa 200 €uro.
Soviel Geld schleppt aber kein normaler Mensch tagtäglich mit sich rum.

.
Toleranz ist die letzte Tugend einer untergehenden Gesellschaft.
- Aristoteles -

Ines

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Ines » 31.03.2010, 19:55

Das denk ich auch, wie kam der überhaupt dazu, sowas zu nötigen?

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 07.04.2010, 14:51

Ines hat geschrieben:Das denk ich auch, wie kam der überhaupt dazu, sowas zu nötigen?
Hallo Ines,

weil er ein mehr oder weniger ausgebuffter Gauner ist? :wink:

Zu Deinen Fragen:

1. "Wie meinte er das mit Deinem Vater?"

Ein plumper Versuch mich einzuschüchtern nach dem Motto: Vielleicht zieht die Masche ja.
Im Übrigen ist es - wie ich bereits zuvor schrieb - in SL so, dass Eltern, besonders der Vater im Leben ihrer erwachsenen Söhne und Töchter noch eine gewichtigere/einflussreichere Rolle spielen als hier.

2.
"Und warum hat er die Umwege gemacht überhaupt? Wollte er Dir damit zeigen, wer hier das Sagen hat? Und was sollte das mit dem Kokosnussgetränk?"

Ja, unterschwellig wollte er wohl mit diesem, mir gegenüber unangekündigtem Ausflug, die Muskeln spielen lassen. Allerdings vermute ich, war diese Vielzahl von Umwegen, (wie ich es bereits Steckchen gegenüber ausgeführt habe), nicht dezidiert geplant, sondern hatte sich einfach ergeben, weil er sein Gesöff eben nicht wie er wohl annahm, im nächsten Dorf bekam. Tja, was sollte das überhaupt? Das, Ines, habe ich mich auch gefragt. Wahrscheinlich hatte er - wie ein dreijähriges Kind in der Trotzphase - eine Eingebung, die sofort, im Hier und Jetzt verwirklicht werden musste. Blödes Mineralwasser. Ich will lieber eine King Coconut.

3.
"Warum wollte er eine platonische Beziehung? Hat er bemerkt scheinbar, dass Du Dich nicht mit ihm einlassen würdest? "

Höchstwahrscheinlich, ja. Er streute zwar hier und da durchaus mal ein Kompliment, merkte wohl aber aus Erfahrung sehr schnell, dass ich nicht die Bohne darauf ansprang.
Trotzdem musste er sich seine Melkuh warmhalten. Auf die platonische Tour ... .

Grüße
Lisboa

Lisboa
Beiträge: 39
Registriert: 17.03.2010, 19:43

Re: SRI LANKA: Warnung „platonische Freundin, Vertrauensperson"

Beitrag von Lisboa » 07.04.2010, 16:22

JanineNi hat geschrieben:Hallo Lisboa,

Frage mich auch, warum hast du dich einschüchtern lassen von den 30 t RS? Lass ihn doch fordern was er will, ich hätte das breitgetreten in Una und auch allgemein, denn davor haben sie Angst. Polizei nutzt dir nichts, im Gegenteil. Ich habe einmal Anzeige erstattet, weil die Polizei aus meinem Hotelzimmer, bei der Suche nach Arrack, Geld genommen hatte. Letztendlilch nach vielem hin und her, (sie kamen mit Hunden und Gewehren am nächsten Tag, ich verbrachte einen ganzen Tag bei der Polizei in Akuressa) wurde mir nahegelegt, dass ich, wenn ich noch interesse hätte, unbedarft in SL rumzureisen, die Anzeige zurückziehen sollte, ansonsten würden sie es mir sehr schwer machen (die Polizei). Weil ich eben Ausländerin bin.

Gut, dass du dir das erspart hast. Ansonsten ist die Masche die dein Koch abgezogen hat untypisch für die Jungs dort. So klar nach vorne gehen die normalerweise nicht. Und Drohungen? Mit was konnte er dir denn drohen? Du warst doch nicht erpressbar. Das verstehe ich nicht ganz.

LG Janine

Hallo Janine,

unglaublich, diese unverhohlene Drohung der Polzei. :shock: Andererseits bestätigen Deine Ausführungen mein Bild (nach fast zehnjähriger SL-Erfahrung) über die so genannten Ordnungshüter in diesem Land.

Ja, weshalb habe ich mich einschüchtern lassen? Gute Frage. Zunächst mal standen wir ja an einem relativ einsamen Parkplatz. Das Hotel in Waikkal ist auschließlich mit einem Floß erreichbar. Der Parkplatz, an dessen Ende sich die Anlegestelle befindet, ist nicht wie sonst vor SL-Hotels mit dem üblichen Tuc-Tuc- Fahrervolk besiedelt. Warum? Weil es das Management so will.
Zu der relativen Abgeschiedenheit kam meine Überlegung: Dieser Typ hatte sich innerhalb weniger Stunden um 380 Grad gedreht.
Wozu wird so jemand denn noch fähig sein, wenn er den Marsch geblasen bekommt oder wenn ihm zumindest jemand energisch widerspricht ???
Es war die komplette Unberechenbarkeit , die gefährliche Chuszpe dieses Typen, die mich in eine gewisse Schockstarre versetzte.
Eben weil ich, wie Du ausführst, Janine, eine derartige Gangart (oder derartiges Bedrohungs-/Erpressungsszenario) von einer Sekunde zur nächsten aus Sl auch nicht kannte.
Und in Unawatuna habe ich, wie Du schreibst, leider nichts mehr "breitreten" können, da Waikkal (in Flughafenhähe) ja Endstation meiner Reise war.
Ja, Du hast recht: Diese anfängliche Freundschaftsmasche ist untypisch für die Kerle dort.
Aus diesem Grund habe ich mich hier auch angemeldet. Eben weil ich den Verdacht habe, dass die ISCH-LIEBE-DISCH-TOUR bei vielen (vorgewarnten) Frauen nicht mehr zieht... .

Grüße
Lisboa

Antworten