Herzlichen Dank für die netten Willkommensgrüße!
Sorry, dass ich mich erst jetzt zurückmelde, hatte in der Zwischenzeit einige Problemchen mit meinem Internetzugang.
Nun zum Sachverhalt:
Ich bin im Februar/ März 2010 zum 9. Mal in Sri Lanka gewesen. Und war bisher mit sofortiger Blindheit und Taubheit gesegnet, sobald ein Bursche mit und ohne Goldkettchen auch nur den Versuch machte, mich verbal und nonverbal einzubalsamieren à la:
How are you?/ What is your name?/ First time in Sri Lanka? / How long do you stay?/Are you married? Your eyes are so beautyfull…”
Dies jetzt bitte (ein Dankeschön hierfür schon im Voraus
) nicht als überhebliche Attitüde missverstehen. Aber ich glaubte bis dato ganz gut im Bilde zu sein, was sich dort, an der touristischen (Süd-)Westküste abspielen kann. Zudem hatte ich die ersten Male in diesem Land auch einiges an Lehrgeld an die Nepper-Schlepper- und Bauerfängerfraktion gezahlt. Nicht nur monetär, sondern auch in Sachen despektierlichem Umgang. Gegenüber mir als Gast und Frau.
Gut im Bilde sein. Tja, ich sollte mich täuschen. Den mit K, dem Koch hatte ich nicht gerechnet.
Teil 1
15 Tage Schwimmen und Schnorcheln in Sri Lankas beliebter Badebucht Unawatuna, die restlichen Zeit ayurvedisch in einem Hotel in Flughafennähe. So sollte meine Auszeit vom kruden europäischen Winter aussehen.
Die darauf folgenden drei Tage verbrachte ich mit guter Lektüre, Schnorchelausflügen und meiner Leidenschaft: dem Pflügen durchs Wasser. Endlich wieder als Fisch unter Fischen. Das Strandlokal, der Fixpunkt meines Landgangs, war nicht meine erste Wahl. Auf den ersten Blick wirkte es leicht verschmuddelt, verschmaucht und „everything a bit out of time“, wie es eine Dame aus Großbritannien auf meiner Nebenliege freundlich formulierte.
Das „Happy banana“ linkerhand und ebenso das „Lucky tuna zur Rechten waren zwar um einiges einladender. Nur: Die Schattenplätze unter den Bäumen waren dort bereits belegt. Von europäischen Blassgesicherten, die im Vergleich zu meiner Blassgesichtigkeit aber immerhin schon einen ersten Schimmer hatten.
Am dritten Tag trat K. der Koch aus seiner Kombüse und damit in mein Blickfeld. Oder besser gesagt erstmal in den Schatten meines Blickfeldes.
Denn ich bemerkte zunächst gar nicht, dass sich jemand zweites in mein Buch vertieft hatte. Ein Sachbuch über Erdgeschichte, Kontinentaldrift der letzten 600 Millionen Jahre.
„Das sieht man doch auf den ersten Blick, dass die Kontinente mal zusammengehört haben.“
Eine Hand deutete auf die Umrisse von Westafrika und Lateinamerika.
Ich dachte: Oha.
Später nur: Zum rechten Zeitpunkt das richtige hineininterpretiert.
„Hallo, ich bin K. der Koch, Getränkemixer, Einkäufer.“ Ein richtiger Allrounder eben. Er streckte mir die Hand entgegen: Schön, dich kennenzulernen,
Ja, Geologie, dass sei schon eine interessante Materie. Das habe ihn auch schon immer fasziniert. Im Übrigen: Er sei aus Matara und pendle jeden Tag hierher nach Una.
K, wirkte einfach freundlich. Vor allem wirkte er unverfänglich. Dezent erkundigte er sich, ob der bestellte Limejuice ohne Zucker nach meinen Wunsch sei, ich schnorchelnderweise besondere Fische entdeckt hätte, ansonsten machte er hin und wieder ein paar geistreiche Späßchen und launige Bemerkungen.
Dass er es denn doch nicht so mit den Erdwissenschaften hatte, wie es anfänglich schien, stellte sich schnell heraus. Aber ich war ja nicht in Sri Lanka, um mich mit jemanden über mein Hobby auszutauschen. Im Übrigen war ich froh, endlich ein bisschen Ruhe zu haben. Einsam, unbesucht und von allem abgetrennt, das war ich weder privat noch in meinem Job.
K, der Koch aber hatte längst Witterung aufgenommen. Und: Er schien vor allem längst begriffen zu haben, dass ich kein Interesse an einem Urlaubsflirt hatte.
Eines Vormittags, die zweite Urlaubswoche war angebrochen, kam ich an den Strand mit Textileinkäufen aus Galle, der nächst größeren Stadt. K, der Koch, begrüßte mich freundschaftlich, nahm meine Tüte in Augenschein:
Schönes Design, qualitativ gute Baumwolle.
Ich entgegnete, dass ich mir daraus, hier, in Una bei einer Schneiderin drei Tuniken nähen lassen wollte. Seine Schwester sei eine gute Schneiderin, wenn ich möchte, könne auch sie Maß an mir nehmen.
Meine Antwort: Okay. Heute aber nicht mehr, morgen auch nicht, da ich dann in Mirissa sei.
Was ich denn für ein Tuc Tuc nach Mirissa zahlen würde?, wollte K wissen.
Ich hatte mich zuvor bei mehreren Fahrern in Una erkundigt: „1400 Rupien pro Fahrt“.
K runzelte die Stirn.
Mit dem Bus sei das doch allemal billiger. Er werde sich übermorgen frei nehmen und die Tüte mit den Stoffen könne ich gleich mitnehmen. Er werde mich nach Mirissa begleiten, fahre dann nach Matara weiter. Wenn ich Lust hätte, möge ich doch mitkommen, seine schneidernde Schwester sei ohnehin zu Hause. Und seine Mutter freue sich, uns zu bekochen .
Normalerweise hielt sich meine Freude über Einladungen zu Hausbesuchen in Grenzen. Zumindest in Sri Lanka. Klingt böse und hart. Ist aber nur Selbstschutz. Denn in den allermeisten Fällen gilt diese Kontaktaufnahme als Anbahnung eines zukünftigen, speziellen Sponsorships. Für Luxusgüter.
Nun, bei K, dem Koch hatte ich ja nichts zu befürchten.
Während unseres Zwischenstopps in einem Lokal direkt am Anfang der schnuckeligen Bucht von Mirissa erkundigte er sich,
ob ich nicht auch der Meinung sei, dass platonische Freundschaften im Leben eine größere Bedeutung haben können als so manche Beziehung oder Ehe.
Klar, antwortete ich.
K, der Koch legte nach:
Er habe sich selten so gut mit jemanden austauschen können wie mit mir. Er habe selten jemanden getroffen, mit dem er derart offen reden und lachen könne. Ob ich auch wisse, dass die Belegschaft an seinem Arbeitsplatz, dem Strandlokal in Una, mich genauso schätze? Aber sicher doch, wollte ich zurückfrotzeln. Bevor ich aber etwas erwidern konnte, deutete er
auf ein in die Felsen integriertes Lokal in Richtung Nordwesten. Dort habe er mal kurz gearbeitet. Leider wechselte der Manager, ein betuchter, aber ahnungsloser Inder, der von Gastronomie keinen müden Schimmer hatte. Er, K, der Koch quittierte daraufhin seinen Dienst.
An dieser Stelle kürze ich etwas ab. Meine Aufzeichnungen überschreiten schon jetzt deutlich den für den Forumsaustausch gebührlichen Rahmen.
Teil zwei folgt.