Distanz wahren und Grenzen ziehen

Tipps & Tricks wie es mir nicht passiert

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leva
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von leva » 10.08.2015, 19:22

Obliquity hat geschrieben:Hallo Ihr Lieben,

ich ziehe mich aus diesem Thread zurück, weil ich offenbar von sehr spezifischen Bedingungen ausgehe, die für Eure Situationen offenbar keine Rolle spielen. Das war mir beim Schreiben meines obigen Beitrags nicht bewusst gewesen; sorry!
Mignon hat geschrieben:ich sehe das ganz genau so wie Luna: Die Bewohner der meisten muslimischen Länder werden Ironie nicht verstehen, jedenfalls nicht die kumpelhaft frotzelnde Ironie, die wir oft pflegen.

Zu deiner Frage: Ich meine, gerade wenn du auf die erste "harmlose" Anmache mit leisem Spott und Ironie reagierst, schlägst du damit einen Ton an, der meines Erachtens in die falsche Richtung führt.
Das ist eben der Unterschied: Der gemeinsame Ton war vorher schon da. Ich schrieb ja oben: Ich mochte diese Menschen (den in Gambia wie auch den in Ghana). Als die erste Annäherung seinerseits passierte, hatten wir uns schon einige Tage gekannt. Diese Menschen waren für uns Lehrer, Reisebegleiter, Berater in allen praktischen Fragen in dieser für uns so fremden Welt.. Wir hatten schon gemeinsam in der Gruppe tausendfach miteinander und übereinander gelacht (weil sich ja die deutschen Gestalten etwas putzig anstellen beim afrikanischen Tanzen, zum Beispiel). Wir hatten also eine gemeinsame, sehr angenehme, fröhliche Basis, bevor es zu dieser Erstannäherung kam.

Ich war nicht in einer normalen Hotelanlage, sondern in Touristenunterkünften, die stärker mit dem afrikanischen Leben verwoben waren, unter deutsch-einheimischer Leitung. Die Angestellten wohnten in Ghana zum Beispiel mit ihren Familien auf dem Gelände in genau solchen Hütten, wie wir sie auch zur Verfügung hatten. Das unter anderem hat mir so gut gefallen.

So, und auf der Basis kam dieser junge freundliche Mensch eines Tages zu mir, als ich lesend auf einem Vorsprung mit Blick aufs Meer saß; wir unterhielten uns erst über dies und das, und dann wagte er so einen Vorstoß. Und in der Situation brachte ich meinen leisen Spott zum Einsatz, und wir haben uns sehr genau verstanden. Ich habe ihm erklärt, dass ich gerne mit ihm und den anderen zusammenbin, dass ich aber keinen nahen Kontakt möchte. Von da an hat er mich in Ruhe gelassen, und von den anderen wurde ich auch in Ruhe gelassen. Wir haben -- wie bis dahin -- miteinander getanzt, getrommelt, gesungen, gescherzt, uns gegenseitig unsere Welt erklärt, und gut war.
Oder nehmen wir mal an, dich quatscht ein Typ auf der Straße an. "Hey! How are you? May I invite you for a cup of coffee?", und du antwortest: "Sure!", dann wird der Mann in 98% der Fälle davon ausgehen, dass du seinem Vorschlag zugestimmt hast, und die Umsetzung nun penetrant einfordern. Wer aber die Ironie dechiffrieren kann, wird nun meinen: "Holla die Waldfee! Die flirtet mit mir! Jetzt muss ich mir den nächsten schlauen Satz ausdenken, dann wird das schon. Interesse hat sie auf alle Fälle."
Nein, das würde ich natürlich nie tun. Gegenüber Fremden verhalte ich mich klar und freundlich.

So, das nur zur Klarstellung. Schönen Abend Euch allen! :)
Nein,bitte bleib hier....
Du kannst durch deine postings vielen Frauen eine Hilfe sein.

Als Frau sollte frau zu ihrer Art der Kommunikation stehen u sich trotzdem abgrenzen.
Das ist nicht spiessig,sondern etwas ,was wohl in D u Frauen allgemein immer negativ ausgelegt wird.
Ein Mann wird fuer seine Rethorik u Fachwissen gelobt.Eine Frau wird gerne als besserwisserisch,unweiblich,etc weggeredet.

Heute ist heute....

Frauen haben auch ihre Existenzberechtigung abseits von Ehe u Mutterschaft u muessen weiterhin darum kaempfen.Hoffe,all unsere Toechter u Enkelinen sind dann mal 1cm weiter .....

Mignon
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Mignon » 11.08.2015, 09:13

Liebe Obliquity,

die Situation, die du beschreibst, ist sicher anders als die meisten Situationen, die hier beschrieben werden. Und offenbar hast du sie ja auch völlig im Griff gehabt. In diesem Kontext kann natürlich auch Ironie funktionieren.

Aber um Missverständnisse zu vermeiden: Gerade afrikanische Trommel-, Tanz- und Tennislehrer (zum Beispiel) sind alles andere als Kinder von Traurigkeit und im Umgang mit westlichen Ausländerinnen sehr gewieft. Hier droht im Zweifel der zweite Typus von Business: Der Kumpel und Kollege, mit dem man sich so gut versteht und mit dem man die gleiche Wellenlänge zu haben glaubt, mit dem man dann irgendwann eine Affäre beginnt, ganz unverbindlich und aus der Urlaubslaune heraus, von dem man sich dann aber irgendwann ein süßes, milchkaffeebraunbes Baby mit schwarzen Wuschelhaaren wünscht. (Achtung: Spätestens bei der Zeugung eines Kindes setzt man sich einem erheblichen Infektionssrisiko aus.) Mehrfach miterlebt. Das Erwachen war dann meist brutal.

Wobei in den nicht muslimisch dominierten Gegenden Afrikas die Sexualmoral oft sehr locker ist, ganz im Gegensatz zu muslimischen Ländern. Die Europäerin, die sich mit dem Trommellehrer einlässt, wird also nicht unbedingt dafür verachtet. Sobald die beiden aber ein Paar sind, gilt für den afrikanischen Mann: Was dein ist (Geld, Auto, Kamera ....) ist auch mein, und mit diesem seinem neuen Besitz geht der dann großzügig um... Auch kümmern sich in manchen Gegenden Afrikas die Männer wenig bis gar nicht um ihre Kinder, dafür umso mehr um die Kinder ihrer Schwester (ist aber sehr unterschiedlich). Die Idee dahinter ist einfach: Mit dem Kind der Schwester ist der Mann verwandt. Bei dem Kind der Ehefrau / Freundin ist er sich nicht 100% sicher.

Ich habe gerade in Afrika auch mehrfach erlebt, dass Frauen - gerade in solchen Kollegen-/Kumpel-/Lehrer-Schülerin-Beziehungen - zu Anfang versicherten, dass das ganze ein lockeres Abenteuer ist, und dies auch dem Mann so erzählt. Seltsamerweise passieren dabei sehr viele "Verhütungspannen", obwohl es sich meist um überdurchschnittlich gebildete Frauen handelt. Und dann geht es los: Die Frau will heiraten; der Mann soll einkaufen gehen und kochen, wenn es ihr nicht gut geht; der Mann soll sie nicht alleine lassen; der Mann soll bei der Geburt dabei sein; er soll das Kind wickeln; er soll auch finanziell Verantwortung übernehmen .... Das funktioniert in (gefühlt) weniger als 5% aller Fälle!

Die Frauen entdecken dann auch bald, dass der Trommellehrer seinen Kundinnen (logischerweise!) immer nur einen kleinen Ausschnitt seiner Persönlichkeit zeigt, und zwar einen sehr attraktiven, westlichen. Ist sie erst mal mit ihm liiert, stellt sie oft fest, aus welch armen Verhältnissen er tatsächlich kommt, dass er Verantwortung für sechs Geschwister hat und eine schier grenzenlose Verpflichtung gegenüber allen Männern, mit denen er dereinst gemeinsam beschnitten wurde (denen er auch ohne zu zögern das nun "gemeinsame" Auto oder den "gemeinsamen" Fototapparat überlässt).

Aber Obliquity, letzteres ist natürlich nicht an deine Adresse gerichtet. Du wusstest ja offenbar, was du willst und nicht willst. Ich musste es beim Stichwort afrikanischer Trommellehrer aber einfach loswerden, weil mir sofort wieder ein paar alte Geschichten einfielen. Keine davon ist gut gegangen.

Wäre schön, wenn du das Forum verlässt!

Mignon

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Zwoelfe » 11.08.2015, 09:35

Mignon hat geschrieben:Liebe Obliquity,

Wäre schön, wenn du das Forum verlässt!

Mignon

Das ist doch bestimmt ein Schreibfehler ... sollte das "nicht verläßt" heißen ?

Und wenn ich mir so diesen ganzen Verhaltensregeln durchlese - erholsamer Urlaub sieht für mich anders aus .

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Mignon
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Mignon » 11.08.2015, 09:49

Liebe Obliquity,

es tut mir sooo Leid! Natürlich wollte ich schreiben: Wäre schön, wenn du das Forum NICHT verlässt. Bitte 1001mal um Entschuldigung!!!

Mignon

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Mignon » 11.08.2015, 10:13

@ Zwölfe:

Genau so sehe ich das auch. Ich bin der Meinung, dass Länder mit einer Kultur, die sich erheblich von der unseren unterscheidet, und mit einem erheblichen Armutsgefälle keine geeigneten Ziele für einen reinen Erholungsurlaub sind. Meist bleiben die Leute dann ohnehin in ihrem Touristenghetto, glauben aber nach etlichen Gesprächen mit den Animateuren und Kellnern, nun zu wissen,wie "die Tunesier" so drauf sind (nämlich: locker).

Ich habe nichts gegen Leute, die, gut vorbereitet ein Land wirklich bereisen. Dazu braucht man viel Zeit und Neugier ebenso wie Skepsis, eine hohe Belastbarkeit, robuste Gesundheit,Toleranz gegenüber schwierigen hygienischen Verhältnissen und gründliche Kenntnisse der Alltagskultur. Eine gute Organisation und Kenntnisse der Landessprache sind natürlich auch wichtig. Das kann faszinierend sein, hat aber mit Erholung nichts zu tun und ist kaum in zwei Wochen abzuhaken.

Ich möchte diese "Reisenden" auch unterscheiden von den allgegenwärtigen "Travellern", die meist Shorts und Trecking-Sandalen tragen, ganze Tage in den vom Traveller Guide empfohlenen Cafés sitzen, Banana Pankcake essen und über Visa, Devisenkurse, Flugtickets und Traveller Hotels reden. Womöglich noch, falls mit dem Auto unterwegs, über Ersatzteile, Werkstätten etc. Ich kann sie nicht mehr sehen!!!

Wer sich erholen will, soll in der Eifel wandern oder an der Ostsee Fahrrad fahren.

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Obliquity » 11.08.2015, 10:22

Nur am Rande: Gar kein Problem, @Mignon! Das passiert mir auch zuweilen, dass ich einen Satz auf eine Weise anfange und auf die andere Weise beende.
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Zwoelfe » 11.08.2015, 10:38

Mignon hat geschrieben:@ Zwölfe:

Wer sich erholen will, soll in der Eifel wandern oder an der Ostsee Fahrrad fahren.

Darf ich auch Nordsee ? So im 10 Gang bei Windstärke zwoelf die Deiche hochheizen ... löst verstopfte Gehirnwindungen ...

Ansonsten hat Obliquity etwas meiner Ansicht nach sehr wichtiges eingebracht :

Über eine kamaradschaftliche , beinahe kumpelhafte Art des Umgangs kommt man sich plötzlich näher - ach warum nicht auch mal ein bißchen "menscheln" und schwupp- sind wir bei der Beobachtung von Mignon ... eine Ehe , ein Kind ergeben sich daraus .

Das Fatale ist , dass man den Menschen vordergründig zu kennen glaubt , ohne wirklich etwas von ihm zu wissen .

Da ich nur hier in Deutschland mit Asylbewerbern langjährig zu tun hatte , weiß ich um diesen "lockeren Umgang" und man kennt sich ja auch viel länger - aber nicht besser - und kommt so auf den Einfall , das mal unverbindlich zu versuchen .

Fakt ist , dass auch monate- oder jahrelanger Kontakt nichts darüber aussagt , wie er wirklich ist . Fakt ist auch . das er bei "Aufenhaltsbedrängis" oder "Drangsale" jeglicher Art nicht davor zurück schrecken wird , die langjährige Kumpeline anzugraben .

Und dann kann es eben zu dem Fehlschluß kommen : wir kennen uns schon so lange und es lief immer gut - also warum nicht ...

Darinka hat es schon öfter erklärt : Bezness hat viele Gesichter und Touristen , Ani , Kellner sind nur ein Aspekt davon ... die Uboote können auch von ganz woanders her kommen : der nette Dolmetscher , mit dem man immer so gut gearbeitet hat .. ein landsmännischer Helfer , der immer die Behördengänge macht und so rational dabei erscheint ... In all der Zeit hat sich doch ein Vertrauensverhältnis eingestellt ...

Auch das kommt hier immer wieder hier zum Vorschein : Wenn es eng wird und die Familie , der eigene Stand in dieser Familie oder die Finanzen "in Gefahr" geraten , kennen Männer , in deren Heimat es nachweislich KEINE Freundschaft zwischen Mann und Frau gibt weder Freund noch Feind - nur Opfer ... Mach` es nicht , liebe deutsche Staatsbürgerin ...

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Mignon » 11.08.2015, 11:31

@ Genau so ist es Zwoelfe.

Wobei die Grenzen zwischen Bezness und Clash of Cultures manchmal nicht leicht zu ziehen sind. Ich lebte eine Zeit lang in einem afrikanischen Land und arbeitete an einer ländlichen Schule. Eines Tages stand Frida, eine strohblonde Norwegerin, auf dem Gelände. Sie suchte Daniel, den einheimischen, gut aussehenden Sportlehrer, der in Norwegen eine Fortbildung gemacht und in den sie sich verknallt hatte. Sie war ihm bis in die tiefste ostafrikanische Provinz gefolgt. Nun zog sie bei ihm ein (die Lehrer dort hatten alle eigene, recht passable Wohnungen) und bekam praktischerweise eine Stelle als Handarbeitslehrerin.

Was dann folgte erinnerte mich an eine bizarre Filmkomödie: Daniel führte jetzt wieder sein afrikanisches Leben. D.h. z.B. er hatte Verpflichtungen gegenüber seiner Großfamilie, musste mit einem für europäische Verhältnisse sehr kargen Gehalt auskommen, interessierte sich weder für Urlaub am Meer noch für Ausgehen in der nächsten Stadt. Auch galt am Ort ein sehr traditionelles Verständnis von der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau, und die Tatsache, dass Daniel dabei gesehen worden war, wie er seine eigene Wäsche aufhängt, führte zu einem Aufstand unter den jungen Männern. Denn wenn Frida sowas durchsetzt, wer weiß, was die eigenen Frauen in Zukunft alles verlangen? Frida hatte ihm eine teure Kamera mitgebracht. Direkt am Tag nach ihrer Ankunft kam ein Kollege vorbei, sagte zu ihm: "Ich brauch mal deine Kamera!", nahm sie und verschwand. Frida war am Boden zerstört. Er achtete ihr großzügiges Geschenk gar nicht! Daniels Erklärung lautete: Wir sind aus der selben Initiationsklasse (also gemeinsam beschnitten worden). Da kann ich ihm keinen Wunsch abschlagen. Frida verstand die Welt nicht mehr.

Frida bat mich ab und an, sie in die Stadt mitzunehmen, wenn ich einkaufen fuhr. (Ich hatte einen Vertrag mit einer internationalen Organisation und ein Auto zur Verfügung.) Meist setzte sie sich dann auf die Terrasse eines Hotels und trank einen Kaffee. Sie wollte einfach mal raus. Andere Menschen sehen. Nun verstand Daniel die Welt nicht mehr: Eine Stunde fahren, um für eine Unsumme Geld eine Tasse Kaffee zu trinken??? Als ob man nicht zu Hause Kaffee trinken kann, wenn es unbedingt sein muss. Tee sei allerdings wesentlich billiger ....

Frida kaufte aus Heimweh in der Stadt für 1/10 eines Lehrergehaltes ein Pfund Äpfel. Kernobst musste importiert werden und war Luxusware. Bananen, Papaya, Mangoes waren vergleichsweise spottbillig. Daniel war sauer.

Frida schaffte von dem Geld, das sie mitgebracht hatte, ein kleines Auto an, was Daniels Reputation sehr zugute kam, ebenso wie allen Kollegen, Freunden und Beschneidungsbrüdern, die er jetzt immer zu Autotouren einlud. Eines Tages war Frida verschwunden. Sie käme nicht wieder, hieß es, hätte sich nicht richtig an die Verhältnisse gewöhnen können. Aber der liebe Daniel habe sie mit seinem Auto zum Flughafen gebracht...

Ich bin mir gar nicht so sicher, ob man Daniel (die Namen habe ich natürlich geändert) wirklich einen Vorwurf machen kann. Er hat sich so verhalten, wie man das von ihm in seinem Umfeld erwartet. Mit dem Wäscheaufhängen ist er ihr sogar entgegen gekommen. Nur hatte Frida in Oslo - weit weg von seinen Verwandten, Freunden, Kollegen und Mitbeschnittenen - einen ganz anderen Mann kennen gelernt, der vielleicht auch nicht so ganz im Detail erzählt hat, dass er sechs km von der nächsten Asphaltstraße und knapp 40 km vom nächsten größeren Ort entfernt wohnt, dass Wasser und Strom nicht immer zur Verfügung stehen, dass er sich von seinem Gehalt weder ein Auto noch andere Importprodukte leisten kann, dass die afrikanische Gesellschaft, zu der er gehört, ein sehr kompliziertes Netz aus gegenseitigen Verpflichtungen kennt, dem sich niemand entziehen kann. Dass es normal ist, die Abende und überhaupt die Freizeit im Kreise seiner (männlichen) Freunde zu verbringen, wenn man nicht die Familie besucht. Und Frida hatte wohl versäumt, nach all dem zu fragen. Und in Reiseführern erfährt man nichts dazu.

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Darinka » 11.08.2015, 12:33

Mignon hat geschrieben:Wobei die Grenzen zwischen Bezness und Clash of Cultures manchmal nicht leicht zu ziehen sind.
Es kommt letztlich darauf an, was das Motiv für die Beziehung war (vor allem auf seiner Seite).
Das sieht man nicht immer von außen so leicht.

Wenn er tatsächlich SIE wollte (als Mensch), dann ist es kein Bezness. Hat er ihr etwas vorgespielt bzgl. Gefühle / Liebe und sie so dazu gebracht auf eine zu einem Bereicherungszweck angelegte Beziehung einzugehen, dann ist es für mich Bezness. Und zwar klares Bezness.

Als es mir finanziell noch nicht so gut ging wie heute, habe ich mal von einem sehr gut situierten Mann (der mich sehr liebte) einen Heiratsantrag bekommen - wir waren eine zeitlang verlobt. Ich habe die Verlobung später wieder gelöst, weil ich merkte dass es auf meiner Seite gefühlsmäßig eher erkaltete. Den wahnsinnig teuren Verlobungsring (riesen teurer Brilli drauf) habe ich zurückgegeben und eben NICHT behalten. Und das obwohl es ihn finanziell gar nicht gejuckt hätte und ich es verdammt gut hätte in bar gebrauchen können. Ich hielt mich damals mit zig-Nebenjobs über Wasser. Klar gibt es hier in D auch Frauen die den behalten und verkauft hätten.
:arrow: Aber warum lese ich hier sowas NIE? Nicht einziges Mal?
Warum ist es immer selbstverständlich alles zu behalten? Warum beschleicht mich dann das Gefühl, es ist eigentlich fast immer der Blick auf die vergleichsweise deutlich wohlhabendere europäische Frau? Und eben nicht nur die Frau als Frau........ :shock: :( :idea: :idea:

Aber Du hast recht, es gibt Fälle da verschwimmen die Grenzen. Es gibt sehr viele Schattierungen von Bezness, es gibt viele Grau-Abstufungen. Und ja, viele Bina-Beziehungen scheitern auch bei ehrlichen Motiven am Clash of Cultures.

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Darinka » 11.08.2015, 12:41

Zwoelfe hat geschrieben:Bezness hat viele Gesichter und Touristen , Ani , Kellner sind nur ein Aspekt davon ... die Uboote können auch von ganz woanders her kommen : der nette Dolmetscher , mit dem man immer so gut gearbeitet hat .. ein landsmännischer Helfer , der immer die Behördengänge macht und so rational dabei erscheint ... In all der Zeit hat sich doch ein Vertrauensverhältnis eingestellt ...

Auch das kommt hier immer wieder hier zum Vorschein : Wenn es eng wird und die Familie , der eigene Stand in dieser Familie oder die Finanzen "in Gefahr" geraten , kennen Männer , in deren Heimat es nachweislich KEINE Freundschaft zwischen Mann und Frau gibt weder Freund noch Feind - nur Opfer ...
Ganz genau, liebe Zwoelfe. DAS versuche ich immer wieder anzubringen, damit es nicht untergeht. Es gibt sovieles mehr bei Bezness als dieses leicht ins Auge springende und oft diskutierte EINE Bild davon.

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Mignon » 11.08.2015, 13:00

@ Darinka,

das war sehr nobel von dir. Früher war es sogar einmal eine Frage der Ehre, Verlobungsgeschenke zurück zu geben. Aber darauf wirst du in Entwicklungsländern wohl immer vergeblich warten. Schon, weil das Geschenk schon längst Eigentum der Familie / der Gruppe geworden ist. Um bei meinem Beispiel zu bleiben: Das Auto war vermutlich sowieso auf seinen Namen angemeldet. Dann hatte es sich schon eingebürgert, dass der und der immer mit ihm fahren. Und der Mutter hatte er vielleicht versprochen, sie jetzt einmal im Monat zum Arzt zu fahren etc. Ich will das Verhalten nicht entschuldigen. Nach unserer Vorstellung ist es nicht korrekt. Aber wenn man in Afrika lebt, muss man auch mit dieser Denke leben. Vielleicht hat sie ihm den Wagen auch zum Abschied geschenkt. Ich weiß es nicht.

Ich wollte damit auch nur sagen: Die Dinge entwickeln sich vor Ort oftmals völlig anders als wir uns das vorgestellt haben. Und deswegen ist es äußerst leichtsinnig auf den Eindruck zu setzen, den wir von einem Menschen in fremder Umgebung (Europa aber auch z.B. Trommelworkshop weit entfernt vom Heimatdorf des Trommellehrers) gewonnen haben. Das richtige Zusammenleben sieht dann völlig anders aus.

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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Darinka » 11.08.2015, 13:45

Liebe Mignon,

genau darauf wollte ich hinaus. Es gelten dort andere Regeln / Normalitäten. Oft habe ich hier schon gelesen: Er hat ihr ja seine Jugend und Potenz gegeben, dafür steht ihm das als Ausgleich zu... Das ist eine andere Denkweise. Zweckbeziehungen sind dort normal. Das sollte man sich bewußt machen und sich damit auseinandersetzen, dass es für ihn nicht zwangsläufig um Liebe (und die Frau selbst) geht.

Um auf Dein Threadthema Bezug zu nehmen (und egal welche Beziehungsmerkmale):

Es gehört für mich auch zu Distanz und Grenzen dazu, nicht gleich mit Geschenken zu kommen. Das kann manchmal ein Helfersyndrom sein, wenn man den Lebensstandard dort sieht. Das kann auch eine Investition (wenn Frau dort leben will) für eine Verbesserung des eigenen Lebens dort sein.
Was auch immer:
Wartet doch erst besser mal ab! Schaut erst wie es läuft! Wie er sich verhält wenn KEIN Geld / KEINE Geschenke kommen. Wenn nicht gleich von Heirat die Rede ist (oder unter den landestypischen Bedingungen mit nicht zuknappem Brautgeld :wink: und dort üblicher Hochzeit)... Wenn von IHM als Mann erwartet wird den Hintern hochzubekommen. Das wäre eigentlich normal dort!
Investitionen (zum Leben vor Ort auch für die Frau zu verbessern) müssen auch nicht geschenkt werden. Das Haus, das Auto was auch immer kann doch erst mal EURES sein. Das hat für mich auch etwas mit Distanz und Grenzen zu tun, wenn man sich kennenlernt / für den Beginn einer Beziehung. Und zwar auch oder gerade bei starkem sozialen Gefälle.

LG Darinka

PS: Es ging mir gar nicht um nobel sein oder Ehre, sondern eine klare Linie zu fahren (auch zum Schluss) dass es nicht um sein Vermögen sondern ihn ging - auch wenn es für eien Ehe dann nicht gereicht hat. Aber ja, das ist europäische Denke. Und deswegen schreibe ich das. Man muss sich die Unterschiede klarmachen, dann kann man eine Beziehung auch realistischer einschätzen.
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Obliquity
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Obliquity » 12.08.2015, 20:08

Hallo allerseits :)
Obliquity hat geschrieben:Nur am Rande: Gar kein Problem, @Mignon! Das passiert mir auch zuweilen, dass ich einen Satz auf eine Weise anfange und auf die andere Weise beende.
Ist mir im Nachhinein eingefallen: Der niedlichste solche Fall, den ich in Erinnerung habe, war die Abschiedsfeier eines wirklich lieben und geschätzten Kollegen. Es wurden Reden gehalten, die sein Wirken schön würdigten, und dann sprach er und schloss: "Dies war eine schöne Zeit, die ich bestimmt nie vermissen werde!" Wir darauf: :shock: ==> :lol:
Mignon hat geschrieben:Aber um Missverständnisse zu vermeiden: Gerade afrikanische Trommel-, Tanz- und Tennislehrer (zum Beispiel) sind alles andere als Kinder von Traurigkeit und im Umgang mit westlichen Ausländerinnen sehr gewieft. Hier droht im Zweifel der zweite Typus von Business: Der Kumpel und Kollege, mit dem man sich so gut versteht und mit dem man die gleiche Wellenlänge zu haben glaubt, mit dem man dann irgendwann eine Affäre beginnt,...
Ich mochte diese lockere Art sehr gerne. Und mir ist, während ich so über unseren Austausch hier nachdachte, eingefallen, dass ich dann meistens die Gesprächsführende war. Also (gerade in Gambia) auch bei Menschen, die mir einfach so über den Weg gelaufen sind, mit dem Standard-Aufschlag: "What's your name?" Ich hatte soviele Themen, über die ich gerne etwas wissen wollte (nicht im Sinne von "wissenschaftlicher Erkenntnis", sondern mehr im Sinne von "eigener Eindruck eines Einheimischen"). Und diese Fragen habe ich dann, nach einigen Vorstellungsbemerkungen, gestellt. Mir ist noch im Gedächtnis: Welche Sprachen sprichst du denn? (Wenn Mandinka dabei war, habe ich mein Gegenüber mit dem Begrüßungsdialog auf Mandinka erfreut ;)). Welche Sprache benutzt du auf dem Markt, welche in der Familie? Findest du das kompliziert, mit so vielen Sprachen zurechtzukommen, oder macht dir das keine Mühe?
Ich war nämlich sehr beeindruckt (und habe meinem jeweiligen Gegenüber das auch mitgeteilt) von der Vielfalt der Sprachen in der Gegend, und mich hat brennend interessiert, wie die Menschen diese Vielfalt handhaben. Wie sie das Englische empfinden, das ja eigentlich Kolonialsprache, also die Sprache der früheren Besatzer, ist. Sprechen sie lieber ihre Lokalsprache, oder sprechen sie lieber Englisch?
Dann: Es gibt Trommelrhythmen, die jeweils einer Volksgruppe zuzuordnen sind, und manche von denen sind bestimmten Ereignissen, etwa Hochzeiten, vorbehalten. Wenn ich nun einen Menschen aus einer anderen Volksgruppe traf, dann fragte ich ihn, ob er diesen Rhythmus kennt, was er damit verbindet... etc.
Oder: Die Muster auf den Textilien haben traditionell oft bestimmte Bedeutungen. Wie präsent sind diese Bedeutungen meinem Gegenüber?

Also ich habe natürlich nicht so verkürzt-inquisitorisch :lol: gefragt, sondern in das Gespräch eingebunden, natürlich. Daraus haben sich sehr interessante Gespräche entwickelt, und zum Anbaggern ist es gar nicht gekommen. Ich erinnere mich, wie einer eine schematische Darstellung von Dakar in den Sand malte, um mir zu zeigen, wo Youssou N'Dour herkommt. Ich fand das ganz rührend... All dies hat mich damals sehr beschäftigt, und ich hatte viele Fragen und war den Menschen, die so locker kommunizierten, sehr dankbar für ihre Schilderungen.

Dabei habe ich übrigens auch immer leise im Hinterkopf gehabt, dass sie durchaus gerne fabulieren. Es blieb nie eine Frage unbeantwortet, und das macht den Menschen ja schon stutzig. ;) Aber ich habe auch die erfundenen Fakten gerne gemocht, weil ich ja gerne wissen wollte, was die Menschen mir mitteilen. Einfach so, ich wollte gerne einen Eindruck von den Menschen und ihren Hintergründen bekommen -- das, was sie mir in einem so lockeren beiläufigen Gespräch mitteilen mochten.

Obwohl ich damals von Bezness keine Ahnung hatte, denke ich heute, dass meine Gesprächspartner meine Fragen als willkommene Abwechslung zum üblichen Gesäusel empfunden haben könnten... Und vielleicht wäre dies auch in anderen Gegenden eine Möglichkeit, das Gesäusel auf wirkliche Themen umzulenken...
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von nabila » 12.08.2015, 22:14

hallo,

sehr gut kann ich verstehen, was Du sagen möchtest, muss auch gestehen, dass ich es ähnlich gestaltet und erlebt habe > nachdem ich

länger in Moslemland war.

Ich halte dies jedoch für Urlauber/Touristen für brandgefährlich. Allein durch ihren Habitus, wechselnde Kleidung, Schuhe an den Füßen, Urlaub

überhaupt buchen und bezahlen können > haben sie eine Ausstrahlung, wenn auch evtl. ungewollt. Das signalisiert BEUTE, weckt soz. den Jagdinstinkt,

die Gier.

Zum anderen ist im Moslemland Mann/Frau unverfänglich miteinander nur reden NICHT kulturgerecht. Das hat immer mit ABSICHTEN zu tun,

auch unter Einheimischen. Und diese Diskrepanzen sind Urlaubern/Touristen nicht bewusst. Mit europäischem Denken lässt sich das nicht erfassen.

Das ist es auch wurscht, ob mein gegenüber Kellner, Animateur, Fahrer ist oder Arzt, Manager, Rechtsanwalt. Das Signal ist > Frau ist verfügbar nach

deren Denken. Das nimmt sich auch nix, ob sie billig verfügbar oder nicht so billig verfügbar ist. Sie reagiert, also besteht Interesse am Mann.

Wenn dann noch dazu kommt, dass keine Kenntnisse bestehen über Alltagsleben, Tradition, Kultur usw. ist schon alles im sehr kritischen Bereich.

Dann noch das Urlaubsgefühl durch Kontakt mit Einheimischen das Denken zu haben, eeendlich weiß man mal was vom wirklichen Leben dort, hach wie

nett und orientalisch doch > ist das Programm klar. Und bitte, das sind keine Wahrnehmungsfehler sondern Realität dort. Da ist dort auch die Religion egal >

die wird nur als Totschlagargument benutzt, als Rettungshilfeanker, wohlwissend, dass davon Urlauber nicht soviel weiß.

Da hilft nichts, außer sofort Grenzen ziehen, sich selbst abgrenzen, auf Distanz bleiben, wenn frau/man mag höflich aber bestimmt und konsequent.



Liebe Grüße ♥
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Du kannst ruhig langsam gehen. Denn am Ende findest Du nur wieder zu Dir selbst zurück.

nabila
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von nabila » 12.08.2015, 22:27

P:S: Ich flechte gern nochmal den Ansatz von Obliquity ein (leicht geändert) , bezogen auf Bezness, denn der stimmt 150 %


Bezness ist sozusagen "umgekehrter Rassismus" : Man/frau ist sozusagen die Rettungsinstanz wegen der Armut !

Nach dem Motto: "Oh, wir armen Armen leiden, und Ihr reichen Europäer müsst uns erlösen!


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luna2000
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von luna2000 » 13.08.2015, 00:59

Obliquity hat geschrieben:Hallo allerseits :)

Dabei habe ich übrigens auch immer leise im Hinterkopf gehabt, dass sie durchaus gerne fabulieren. Es blieb nie eine Frage unbeantwortet, und das macht den Menschen ja schon stutzig. ;) Aber ich habe auch die erfundenen Fakten gerne gemocht, weil ich ja gerne wissen wollte, was die Menschen mir mitteilen. Einfach so, ich wollte gerne einen Eindruck von den Menschen und ihren Hintergründen bekommen -- das, was sie mir in einem so lockeren beiläufigen Gespräch mitteilen mochten.

Obwohl ich damals von Bezness keine Ahnung hatte, denke ich heute, dass meine Gesprächspartner meine Fragen als willkommene Abwechslung zum üblichen Gesäusel empfunden haben könnten... Und vielleicht wäre dies auch in anderen Gegenden eine Möglichkeit, das Gesäusel auf wirkliche Themen umzulenken...
Ich finde es in jedem Fall schlimm, angelogen zu werden. Ich finde es auch schlimm, Lügen mit dem Wort "fabulieren" zu relativieren.
Bezznessopfer hat es gerade eben nicht stutzig gemacht, daß der Betrüger auf jede Frage eine Antwort wußte. D.h. bzgl. dem Thema dieses Threads:

Wenn ein Mensch auf jede Frage eine Antwort weis: Alarmstufe rot - insbesondere bei Menschen aus einem anderen Kulturkreis.

Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob der Gesprächspartner die "Fragen als willkommene Abwechslung zum üblichen Gesäusel " empfindet oder zu empfinden vorgibt.

Obliquity
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Obliquity » 13.08.2015, 06:52

Hallo luna2000 :)
luna2000 hat geschrieben:Ich finde es in jedem Fall schlimm, angelogen zu werden. Ich finde es auch schlimm, Lügen mit dem Wort "fabulieren" zu relativieren.
Nun, ich habe es als einen poetischen Umgang mit den Fakten angesehen -- eine Haltung, die ich an einzelnen Punkten durchaus auch habe: Auf dieser Reise zum Beispiel hat mich ein kleiner bronzener Wachelefant begleitet, der "auf mich aufgepasst" hat, und das hätte ich auch jedem so erzählt, der danach gefragt hätte. Hätte ich gelogen?

Man sollte sich vor Augen führen, dass meine Gespräche vollkommen belanglose Gespräche waren. Absolut keine Konsequenz für das weitere Leben irgendeines der Beteiligten. Aber sie waren eben auch auf dieser Ebene sehr lehrreich. Ich hatte für alles, was mir dort erzählt wurde, stets ein Körnchen Salz dabei, das ich dem Gesprochenen beifügen konnte; sprich: Ich habe auf keine Aussagen wirklich gezählt. Ich habe sie zur Kenntnnis genommen als Aussage eines Menschen dort; mehr nicht.

In Vorbereitung auf meine Reisen habe ich sogar gelesen, dass man vorsichtig sein müsse, wenn man Menschen nach dem Weg fragt, denn es gilt als Schande, eine Antwort schuldig zu bleiben. So wird -- hieß es in dem Ratgeber -- eher eine falsche Antwort gegeben als keine! Das ist kulturell so verankert, und das werde ich zweifellos in einem ersten Gespräch nicht ändern können. Alles, was ich tun kann, ist: Mich drauf einstellen. Ich sollte mir also immer bewusst sein: Mir könnten Dinge erzählt werden, die bei uns als Lüge angesehen würden.
Bezznessopfer hat es gerade eben nicht stutzig gemacht, daß der Betrüger auf jede Frage eine Antwort wußte. D.h. bzgl. dem Thema dieses Threads:

Wenn ein Mensch auf jede Frage eine Antwort weis: Alarmstufe rot - insbesondere bei Menschen aus einem anderen Kulturkreis.
Ganz genau deshalb habe ich dies in diesem Thread angesprochen: Man sollte sich darüber klar sein, dass die Grenzen für "Lüge" in diesen Kulturen anders sein können, schon ganz ohne Bezness; einfach aus der Kultur heraus. Und schon alleine das sollte die innere Distanz erhöhen. Das hat es bei mir getan.
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Agadirbleu
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Agadirbleu » 13.08.2015, 08:08

dass man vorsichtig sein müsse, wenn man Menschen nach dem Weg fragt, denn es gilt als Schande, eine Antwort schuldig zu bleiben. So wird -- hieß es in dem Ratgeber -- eher eine falsche Antwort gegeben als keine!
ja, so ist es auch in Marokko. Man frägt eine Person nach dem Weg, sofort kommt eine zweite oder dritte Person hinzu und am Ende hat der Frager "vier" verschiedene Antworten......am besten man geht dann, denn der "Disput" unter den Einheimischen setzt sich endlos fort. :) Auch bei anderen Themen wird gerne fabuliert, wenn kein Wissen vorhanden ist - dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt....

Nilka
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Nilka » 13.08.2015, 11:50

Sehr anstrengend gelinde gesagt!
LG ♥ Nilka

Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt. Thomas Mann

Grampusgriseus
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Re: Distanz wahren und Grenzen ziehen

Beitrag von Grampusgriseus » 27.08.2015, 08:29

Liebe Leute,

in etwa 2 Wochen fahre ich wieder nach Ägypten und lese daher ganz besonders aufmerksam diesen Tread, um mir quasi ein „dickes Fell“ anzulesen. Um mir Strategien zu überlegen und anzueignen, die mir allzu zudringliche Mitmenschen vom Hals halten, bzw. wieder in die Flucht schlagen.
Ich weiß, dass Ihr alle Recht habt mit dem was Ihr schreibt und ich bedanke mich für die hier aufgeführten Tips.
Ich weiß aus jahrelanger Reiseerfahrung in die Türkei, Tunesien und Ägypten, dass Freundlichkeit (zumindest von Touristen) grundsätzlich mit Blödheit verwechselt wird. Ich weiß, dass einem häufig der ganze Arm ausgerissen wird, wenn man den kleinen Finger geben wollte...
Und trotzdem! Ich KANN DAS NICHT! Ich kann nicht den ganzen Urlaub mit einem zur Faust geballten Gesicht herumlaufen und wie ein neurotischer Pittbull jeden ins Knie beißen, bloß weil er mich gefragt hat, wie mein Tag war oder wo ich herkomme. Ich werde es auch nicht hinkriegen, an den Menschen vorbei zu gucken (also auf's Ohrläppchen), wenn ich mich mit ihnen unterhalte. Ich weiß, dass es für den ein oder anderen (zum Glück nicht für alle) schon eine Aufforderung bedeutet -wie Ihr ja auch schreibt- angelächelt zu werden. Und trotzdem möchte ich im Urlaub lächeln dürfen, OHNE anschließend einen nackten Hotelmanager im Bett vorzufinden (das ist wirklich der Hammer). Das muss doch irgendwie möglich sein!!??? :oops:
Mir geht es wie Obliquity: auch ich bin grundsätzlich jedem gegenüber erst mal freundlich eingestellt, solange „er mir nichts getan hat“. Gerade im Urlaub habe ich gute Laune (die sich vermutlich verflüchtigen würde, wenn ich schon beim Frühstück sicherheitshalber herumstiesel' sobald sich jemand meinem Tisch nähert). Auch ich möchte mich im Urlaub unterhalten, möchte Menschen kennen lernen, etwas über sie erfahren, mir „ihre Geschichte“ anhören, und sei sie auch noch so erstunken und erlogen.
Ich weiß, dass die Ostsee wunderschön ist, ich fahre jedes Jahr dorthin. Und die Eifel ist ganz bestimmt auch toll. Aber das reicht mir nicht! Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass man von Deutschland aus allerhöchstens noch gen Norden reisen kann, bloß damit man keinem Bezzie „aufsitzt“! Das deprimiert mich sehr! :cry:

Liebe Grüße
Grampus

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