ich verfolge die Geschichten und Themen dieser Seite nun ein paar Monate und habe hier viel gelesen und mich auch anderweitig versucht ausgiebig zu informieren. Zunächst möchte ich allen meinem Dank aussprechen, die hier ihr Innerstes nach außen tragen und Fremde an ihren Erlebnissen teilhaben lassen, um Bezness ein Gesicht zu geben.
Nun zu meiner Geschichte. Naja, was heißt Geschichte. Das Buch ist noch nicht zu Ende geschrieben und vor allem möchte ich gern mit euch ein paar Fragen diskutieren, die sich aus dem Lesen der Foren hier und meinen eigenen Erlebnissen ergeben haben.
Im Oktober 2018 war ich das erste Mal in Tunesien, vorher nur Ägypten ein paar Mal besucht. Auch ich bin einer der Personen, die Erlebtes ab und an in sozialen Medien teilen. Das tat ich begrenzt auf Instagram nach meinem Urlaub. Dadurch bekam ich ziemlich viele Nachrichten von ziemlich vielen tunesischen Männern. Kurzum einer blieb hartnäckig, war nicht so aufdringlich und störte sich nicht viel daran, dass ich manchmal erst Tage später antwortete. Es folgte die typische Szenerie: wir kommunizierten täglich, später Videochats und schließlich hatte ich generell einen Urlaub nur für mich allein geplant. Ich wollte mir sozusagen selbst ein Geschenk zum 30. machen und flog allein hin. Das Paradoxe: ich bin Sozialpädagogin und arbeite in einem ambulanten Helfersystem. Täglich setze ich mich mit meinem Bauchgefühl auseinander, um etwaige Lügen meiner Klienten zu entlarven. Ich würde meinen, das kann ich wirklich gut. Jedoch verlässt mich in seiner Nähe jeglicher Kontrollversuch meines Verstandes oder meines Bauchgefühls.
Ich verbrachte eine Woche mit ihm in einer gemieteten Wohnung. Er holte mich am Flughafen mit einem Freund ab und bezahlte vor Ort alles (Ausflüge, Taxi, Verpflegung). Wir hatten vorab eine Liste, die wir tatsächlich schafften abzuarbeiten. Am letzten Wochenende sagte er mir dann, seine Bank hätte zu und öffnet erst Montag wieder. Es wäre im peinlich, aber er kommt nicht an sein Geld und hatte nur noch 10 Dinar. Also bezahlte ich für 2 restliche Tage Verpflegung. Ist es tatsächlich bei einigen Banken so, dass man am Wochenende nicht an Geld kommt? Es gibt ja vor Ort schließlich auch Bankautomaten.
Infos zu ihm: Er ist 27, lebt bei seiner Mutter. Der Vater starb, viele Verwandte leben und arbeiten in Frankreich. Er hat 2 ältere Schwestern, welche beide noch unverheiratet sind und keinen Hijab tragen. Er arbeitet in einer Import/ Export Firma und ist dort für den Wareneinkauf zuständig. Deshalb kann er auch ganz gut Englisch.
Ich habe hier öfter gelesen, dass selbst Händchen halten in der Öffentlichkeit immer noch sehr verpönt ist. Allerdings habe ich das auch bei jungen einheimischen Pärchen in Tunis und anderen Orten gesehen. Mir ist klar, dass im Inneren des Landes, was evtl nicht so touristisch angehaucht ist, ds noch dauern wird, aber findet ihr nicht auch, dass mit der Zeit langsam ein Wandel einhergeht?
Ich bin und bleibe unglaublich skeptisch. Keiner aus meinem Familien- oder Freundeskreis weiß davon. Vermutlich weil ich weiß, was jeder sagen wird und vermutlich ist das auch der Grund, weshalb ich hier schreibe. ich möchte mich so gern austauschen. Bisher überwiegt bei mir leider immer noch die Neugier, wohin das Ganze führt. Im Oktober möchte ich wieder hin. Genaueres über die Zukunft haben wir noch nicht beredet. Ist ja auch viel zu früh, sagt er auch selbst. Allerdings wünsche auch ich mir natürlich insgeheim, dass er der eine ist, der es ernst meint und nicht auf Geld oder Aufenthalt abgesehen hat.
Ich wäre euch dankbar, wenn einige von euch vielleicht ihre Erfahrungen mit der Kultur und den Umgang miteinander bzw untereinander mitteilen würden und auf meine Fragen eingehen.
Ich danke euch fürs Lesen und hoffe echt inständig auf viele Kommentare.
