Beitrag
von Fierrabras » 10.08.2019, 11:46
und es geht mit diesem Patienten munter weiter:
Eintrag vom gestrigen Nachmittag ca 15 Uhr:
"Der Patient wird von der Polizei gebracht. Trägt angelegte Handschellen.
laut Passanten am XXX Park: der Pat habe laut herum geschrien, habe Fahrräder umgeworfen, habe versucht die Passanten mit einem leeren Kanister zu schlagen. Keine Verletzungen. Der Pat habe angekündigt, die Passanten umbringen. Deshalb wurde die Polizei informiert.
in der Rettungsstelle wird der Pat. massiv beleidigend ggü. den Polizeibeamten.
Rücksprache mit Oberarzt: Es liegt keine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vor, daher ist keine stationäre Behandlung indiziert. Entlassung und Begleitung in Gefangenensammelstelle durch Polizei im Anschluss."
Offensichtlich wurde er recht schnell aus der Gefangenensammelstelle entlassen. Jedenfalls gestern gegen 22 Uhr erneuter Eintrag:
" Der im Hause gut bekannte Patient wird erneut in Handschellen von der Polizei gebracht.
Grund für die Vorstellung war massiv fremdaggressives Verhalten und potentiell selbstgefährdendem Verhalten.
Die Polizei sei hinzugerufen worden, weil er einen Passanten im XXX Park von hinten angegriffen hatte und geschlagen hatte. Vor einigen Stunden habe er genau diesem Passanten gegenüber Morddrohungen geäußert. Der Passant habe nur einen gemütlichen Sommertag/abend im XXX Park verbringen wollen. Laut Polizei haben andere Menschen im XXX Park berichtet, der Patient hätte auch gesagt, sich selbst verletzen zu wollen.
Er ist wach, scheint zu allen Qualitäten orientiert zu sein, beantwortet diesbezüglich jedoch wenig Fragen; Auffassung und Aufmerksamkeit reduziert, auf Polizei im Gespräch eingeengt, Konzentration reduziert, formaler Gedankengang sprunghaft, inhaltlichen Denkstörungen anklingend mit Verfolgungserleben bzgl der Umwelt im XXXX Park und insbesondere der Polizei, er wolle alle in Ruhe lassen, doch die Leute hätten sich gegen ihn verschworen, misstrauisch, keine Wahrnehmungsstörungen, keine Ich-Störungen. Stimmung massiv angespannt, dysphorisch. Affektiv moduliert. Psychomotorisch unruhig, aggressiv, schreit viel. Antrieb gesteigert. Keine Ängste angegeben.
Suizidalität bei massiv aggressivem Kontakt nicht eruierbar.
Anhalt für akute Fremdgefährdung hervorgehend aus dem Vorlauf sowie im Kontakt in der Rettungsstelle.
Die diensthabende , unerfahrene Kollegin wertet sein Verhalten als psychisch krank, da wahnhaft (fühle sich von der Polizei verfolgt)
Nun wurde der Patient zwangsmediziert, gefesselt und auf die geschlossene Station gebracht.
Heute bin ich dran und notiere: " Der Patient ist wach, bewusstseinsklar, bagatellisierend-dissimulierend, ablehnend, teils beleidigend, fühlt sich von der Polizei verfolgt, da er doch nichts mache (da es durchschnittlich täglich 2-3 Polizeieinsätze im XXX Park seinetwegen gibt, ist dies nicht als wahnhaft zu bewerten, sondern entspricht der Realität). Er behauptet, sich nicht an die gestrigen Vorkommnisse erinnern zu können.
Mit dem diensthabenden Oberarzt weigert sich der Patient zu sprechen, versteckt seinen Kopf unter dem Kopfkissen und antwortet nicht.
Es folgt ein ausführliches Gespräch zwischen Oberarzt und mir. Es muss durch mehrtägige Verhaltensbeobachtung geklärt werden, ob überhaupt eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegt. Differentialdiagnostisch kommen (drogeninduzierte) Psychose versus intoxikationsbedingter Erregungszustand mit dissozial/narzisstisch/emotional instabiler impulskontroll-gestörter Persönlichkeitsstörung in Betracht.
Es wird eine richterliche Unterbringung zur Verhaltensbeobachtung auf der geschlossenen Station für 10 Tage angeordnet."
Was ich nicht in der Krankenakte notiert habe: ich frage den Oberarzt, was sein wird, wenn sich nach diesen 10 Tagen herausstellt, dass eben keine behandelbare psychische Erkrankung (wie eine durch die Drogen induzierte Schizophrenie) vorliegt, sondern es sich um eine Mischung aus kulturell-islamischer Prägung, dissozial-narzisstisch-impulskontrollgestörten Persönlichkeitsanteilen und wiederholtem Drogenkonsum vorliegt. Denn dann kann die Psychiatrie nichts tun.
Ich möchte wissen, ob wir ihn dann in den XXXX Park entlassen oder ob er dann wenigstens direkt vom Krankenhaus ins Gefängnis kommen könnte. Nun ja, Oberarzt (mit extrem viel Berufserfahrung) meinte, realistischer Weise würde so ein nahtloser Übergang nicht funktionieren. Ich fragte, was nun sei, wenn er das nächste Mal jemanden ernsthaft verletzt und ernte nur ein resigniertes Schulterzucken...