Beitrag
von Ponyhof » 18.01.2018, 15:10
Also.
Du chattest seit 7 Monaten mit einem Typen. Kann man machen, wenn man viel Zeit hat und daran Spass findet. Aber dabei von Liebe zu sprechen -und sich das einzureden!- finde ich falsch. Du KENNST den Menschen doch gar nicht. Das, was Du kennst (und "liebst") ist das Bild, was Du von ihm hast, oder welches Du dir von ihm ausmalst. Und grade wenn man sich nur virtuell "kennt", bleibt so viel Raum für Interpretation, Träume und rosarote Einhörner.
Weisst Du, welche schlechten Angewohnheiten er hat? Hat er Stinkesocken? Magst Du seinen Körpergeruch? Wie sehen die kleinen alltäglichen Gesten aus?…. Verknallt sein ist das Eine, aber Liebe und Partnerschaft müssen sich entwickeln. Im real life geht man miteinander aus, kocht zusammen, macht Party mit Freunden…blablabla…so vieles, bevor man überhaupt zusammenkommt und irgendetwas wie eine Beziehung entsteht. Und ja, das ist oft schon kompliziert genug, und geht oft schief, obwohl man sich ganz gut "abchecken" konnte.
Und all das soll über Facebook funktionieren? Das, was funktioniert, ist Manipulation und das Auffüllen der "Wissenslücken" mit Träumen und Sehnsüchten. Ja, und DAS kann man durchaus "lieben". Mit Liebe für einen Menschen, für DEN Menschen hat das nichts zu tun.
Das mal so allgemein zu solchen "Facebookliebeleien".
Für ihn gilt genau das Gleiche. Ein bisschen Freundschaft über Facebook ist ja ganz nett, aber ehrlich gesagt käme ich mir blöd vor, bei meinerseits ernsten Absichten meiner "Angebeteten" ständig alles beweisen, nachweisen, bescheinigen zu müssen. Warum tut er das? Warum lässt Du alles nachprüfen, warum gehst Du ihm mit solchem Kram auf den Keks (auf dein schlaues Bauchgefühl solltest Du hören) - und warum spielt er dieses Spielchen mit? Er kennt Dich doch genauso wenig, und ist Dir doch keine Rechenschaft schuldig.
Warum also macht er so einen Zinnober für eine fremde Frau? Meine Erklärung ist, dass Du Mittel zum Zweck bist, und ihm irgendwie nützen kannst. Sei es als "Anker" und Ansprechpartner, als erste Basis, als heiratswilliges Opfer wenn es mit der Arztkarriere nicht klappt oder was weiss ich. Da muss man natürlich gut dastehen. Und sorry, keiner aus diesen Kreisen aus diesem Land kann mir erzählen, dass er Bezness nicht einmal kennt. Das Geschäft mit der Ehe ist dort an der Tagesordnung, man heiratet nicht "aus Liebe".
Aber "Liebe" ist euer Facebookflirt genausowenig, wie es der imaginäre Freund "Liebes Tagebuch" früher gewesen ist. Der Mechanismus ist der Gleiche: Da ist jemand, der "zuhört". Der einem das Gefühl vermittelt, wichtig zu sein. Der "immer" da ist. Aber zum Glück mit so viel Abstand, dass man keine Verpflichtungen hat, man kann den Rechner abschalten (das Tagebuch zuklappen) und ist wieder "im eigenen Leben", kein Streit, keine Konflikte. Toll, jemanden zu haben, mit dem man immer quatschen kann. Die Geheimnisse loswerden. Philosophieren. Über das Leben nachdenken. Eine Wellenlänge. Toll, so ein seelisches Ventil.
„Nicht zu bekommen, was man will, ist manchmal ein grosser Glücksfall.“ Dalai Lama